Archiv für den Monat November 2011

Quick – Zwei Premieren an einem Tag

Double feature – was ich mir damit angetan habe, hatte ich schon fast vermutet. ich bin leer, aber davor:
Die Kindheit des Dr. Mabuse
Mein Kinderstück war sowohl in Sachen Publikumsandrang, wie auch Publikumsbegeisterung ein echter Erfolg. Dass der junge Hauptdarsteller richtiggehend gefeiert wurde, hatte er sich verdient. Viele Gags sind ziemlich gut gekommen, es passte annähernd alles, ein paar Kleinigkeiten können noch verbessert werden, aber die Darsteller sind zwischen 9 und 13 Jahren alt, das ist sehr angenehm, denen würde auch verziehen, wenn es mal eine halbe Minute hakt.
Den Erfolg, den ich wollte, habe ich wohl erreicht. Die Eltern und Freunde, die natürlich den Hauptteil des Publikums stellten, waren mehrfach überrascht, applaudierten nicht aus Freundschaft.
Nichtschwimmerseite
Keine Ahnung, ob das sein musste. Ein Stück über Suizid einer Jugendlichen, ein Jugenddrama. Ich, wir meinen, es war nötig. Und die Stille, die wir zeitweise hatten, war tief und berührt. Wenn Zuschauer einen hinterher loben, ist okay, man freut sich, und man merkt, wenn es nicht nur höflich ist. Heute kam unter anderem ein „Danke für das Stück“. Das ist etwas mehr … wir haben Menschen berührt, wir sind ihnen nah gekommen. Mission accomplished.
Die andere Seite ist die Leere, die jetzt in mir ist, die Anspannung hinterläßt eine Lücke, ich sitze vor dem PC, einschlafen ist die nächsten Stunden nicht und dabei bin ich so müde wie die Welt.

Quick – Ein Pfefferspray-Muster zeichnet sich ab

Ich weiß, ich werde mich gleich ein bisschen aufregen, keine Frage, aber fangen wir doch mal mit dem Pfefferspray an – gestern hat Neusprech.org da mal ausgeholfen und den Begriff ein bisschen einsortiert. Pfefferspray ist aus superscharfen Chili gemacht, hat mehr Schärfe als es gut ist und kann zu heftigen Überreizungen führen, ein Mensch pro 600 Einsätze stirbt an dem Zeug.
Ob in Ägypten, oder im Wendland, man setzt es nicht mehr ein, um sich zu schützen, das sogenannte Pfefferspray wird als Waffe genutzt und vorsätzlich auf friedliche Demonstranten gesprüht, nach der Maxime: „Du demonstrierst? Ich verletze dich!“
Der Pfefferspray-Polizist aus Kalifornien ist suspendiert, wer es noch nicht mitbekommen hat, hier kann man es sehen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,799750,00.html – das Netz rächt sich mit einem humorvollen Pranger – der Typ sollte fro sein, dass man nicht altestamentarisch mit ihm umgeht. Wenn ich sehe, wie er das Zeug versprüht, gärt in mir der Hass. So unbeteiligt anderen Menschen Schmerzen zufügen, der hat seinen Beruf verfehlt, KZ-Wächter wäre doch viel treffender gewesen als Kampus-Polizist.
Und nun gab es heute morgen diese Meldung: „Polizei setzt Pfefferspray und Wasserwerfer gegen Kinderdemo ein“, lief so über Twitter, und dieser Link hing dran: http://www.bi-luechow-dannenberg.de/chronologisch/pressemitteilungen/ein-schwarzer-tag-fur-die-polizei-ein-starker-auftakt-im-wendland. Und das ist der Punkt, an dem ich mich aufrege. Wie ist das mit der Kinderfreundlichkeit? Mit dem Denken an die Zukunft der nächsten Generation? Mit all diesem offiziellen Kinderschutz? Wo war verdammt noch mal diese bigotte Frau von der Leyen, als die Polizei mit friedlich demonstrierenden Kindern und Jugendlichen so umging, wie mit einem randalierenden Mob?
Kinder und Jugendliche poitisieren sich wieder, es ist auch schon lange nötig. Sie denken an ihre Zukunft und die der nachfolgenden Generationen – kein Wunder, die erwachsenen Politiker denken ja nur noch an Machterhalt und eigene Pfründe -, und deswegen gehen sie gegen den Atomwahn auf die Straße. Nichts daran ist falsch!
Wasserwerfer mit Reizmitteln, Pfefferspray, das ist falsch! Polizisten in Kampfmontur, die auf Jugendliche und Kinder losgehen, das ist falsch!
Wir vergessen das nicht, wir klagen an … lasst einen Fawkes durch Deutschland gehen!

So, ich hab Luft geholt, und wollte noch eben von dem Muster sprechen, dass ich zu erkennen meine. Irgendwie wird die Luft nicht mehr nur für arabische Diktatoren dünn, es weht so ein Geruch von Freiheit, von Demokratie auch durch die Staaten, die sich für Demokratien halten. Wikileaks, Anonymous, Occupy und nicht zuletzt die Priaten machen den Etablierten, den Mächtigen, den Lobbyisten Angst. Und so verschärft sich der Ton, so wird die Gewalt größer … aber man sollte bedenken, auch der Zorn wird größer! Wir sind keine Wutbürger, wir sind zornig! und das ist alles erst der Anfang.

Quick – Ab in die Ecke, Karl-Theodor!

Es gibt Tage, da bereut man mehr als sonst, dass man meistens Spiegel Online gewohnheitsmäßig auf hat. Heute morgen sah man dort nämlich einen feixenden Herrn von und zu Guttenberg, die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt.
Also kommt es, wie es kommen sollte, Guttenberg wird also nicht wegen seiner hanebühenen Betrugsversuche angeklagt. Jetzt ist der Weg doch schon fast wieder frei, dass er zurück in die Politik kann, wieder von BILD zur Gallionsfigur aufgebaut wird, und nicht mehr lange, und der Mann ist Kanzlerkandidat.
Oder besser, es wäre so, wenn alles so bliebe, wie es bisher war. Ich bin ja ein hoffnungsloser Optimist. Ich hoffe ja, ich glaube ja, dass wir Piraten einen neuen Wind in die Politik bringen, eine neue Politikkultur – und da gehört Transparenz zu, wie sonst nichts anderes, und wenn Herr von und zu Guttenberg wieder in die Politik will, dann soll er sich dem stellen, was sich bei uns jeder an seiner Stelle einhandeln würde, einen richtig kräftigen Shitstorm, einen Orkan, gegen den Catrina nichts war. Der Typ hat immer noch nicht offen zugegeben, dass er gelogen und betrogen hat, dass er sich vermutlich seine Arbeit von einem Ghostwriter hat schreiben, oder besser, zusammenkopieren lassen. Solange er nicht öffentlich alles das erklärt, sich bei der Wissenschaft ernsthaft entschuldigt und natürlich beim Souverän, so lange ist er eine Persona non Grata, und ich hoffe, dass die Springer-Propaganda-Maschine ihn aus der verdienten Ecke, wo er noch für Jahrzehnte zu stehen hat, nicht heraus bekommt.

Quick – Man hätte es wissen können?

Nur mal ganz kurz. Nazis sind also durch Deutschland gezogen und haben eine Reihe Leute umgebracht, Bomben gelegt, haben eine Opferanzahl hinterlassen, wie die RAF in sehr aktiven Zeiten. Der Verfassungsschutz hat es nicht gemerkt, die Polizei war deswegen im Dunklen – und ist jetzt, nach einigen Tagen, irgendetwas passiert?
Was wäre denn, wenn eine solche Mordserie von Linksextremisten begangen worden wäre, und nach Jahren mehr doer weniger zufällig aufgedeckt? Wieviele Köpfe wären da schon gerollt? Was wäre da schon an Sofortwirkungen zu spüren gewesen?
Es ist verdammt noch mal kein Innenminister zurückgetreten, es hat noch niemand irgendwelche personellen Konsequenzen angekündigt. Und die etablierte Presse macht auch nicht wirklich etwas. Da wird Betroffenheit geheuchelt, da werden ein paar seltsame Fotos tagelang auf SPON groß gezeigt, aber mal glasklar danach zu fragen, dass die Verantwortlichen nichts mehr auf ihren Posten zu suchen haben, dass man den Verfassungsschutz mal gründlich umkrempeln muss, wenn er nichts besseres zu tun hat, als Nazis zu finanzieren und zu verharmlosen – nein, davon lese ich kaum mal was.
Ausnahmsweise hätte ich mal Aktionismus gut gefunden. Nicht die Frage nach irgendwelchen Karteien, ganz aktionistisch das gesamte leitende Personal suspendieren, eine neutrale Kommission gründen, die die gesamte verquaste Behörde mal auf den Kopf stellen – das wäre sinnvoller Aktionismus gewesen …

Oh, nicht ganz zu vergessen: Wir wussten es, wir wussten, dass es Naziterror gibt, wir haben mitbekommen, dass Leute durch Städte gejagt wurden, wir wussten von 140 Toten seit der Wiedervereinigung, die Regierung nur von 48, als ob das nicht auch schon eine erschreckend hohe Zahl wäre … Augstein schreibt bei SPON von „seriösen Quellen“ – das ist eine sehr schöne Gegenüberstellung, es gibt seriöse Quellen, und es gibt die Bundesregierung, eigentlich ist damit doch schon alles gesagt.

Was ist denn nun Kultur? – Nachklapp

Kleiner Nachtrag für meinen letzten Artikel, es gibt da einerseits diese blöde Teekesselchen Sache, ich meine nicht die Kultur als unsere Kultur gegen andere Kulturen, nicht die Festschreibung von Formen, von Denkweisen, die man auch Kultur nennen kann. Mir geht es um Kultur als künstlerische Betätigung im weitesten Sinn, um „art“ – das Problem im Deutschen ist es, dass „Kunst“ eher nur im Bezug auf bildende Kunst genutzt wird, während die performativen Künste zum Beispiel irgendwo unter Kultur verortet wird. Man darf gerne überall da, wo ich Kultur sage, Kunst einsetzen, wenn man es nicht ausschließend versteht.. Ich versuche mich auch an einer Definietion:
Kultur im engeren Sinne ist eine künstlerisch motivierte Hervorbringung die für eine rezipierende Öffentlichkeit geschaffen werden,
Es braucht also zweierlei, einerseits den oder die Künstler, die einzeln oder gemeinsam etwas erzeugen, das keinen nderen Sinn hat, als für Rezipienten erfahrbar zu sein. Hat es nebenbei auch einen anderen Sinn, dann kommen wir sofort in eine Grauzone, zum Beispiel bei Design und Architektur, bei Gebrauchsmusik und Werbesprüchen. Im engeren Sinne zähle ich das hier nicht zur Kultur. Es ist eher kulturähnlich.
Wann fängt also Kultur, Kunst an? Machen wir ein Beispiel, das für viele in der Piratenpartei einfach zu verstehen sein wird ;):
Jemand hat eine tolle Idee, verschwindet für ein paar Wochen an seinen PC und baut in Minecraft eine faszinierende Mischung aus Burg, Raumschiff und Pueblo. Das Ding ist nicht nur riesig , sondern auch noch mit vielen Details und Anspielungen auf Filme, Bücher und bekannte Gemälde ausgestattet, der Baumeister ist euphorisiert, hatte eine Menge Spaß und damit ist es gut – bis hierhin ist noch keine Kunst passiert, sofern der Erbauer nie vor hatte, das virtuelle Gebäude jemandem vorzuführen, oder nur dem Lebenspartner und vielleicht noch zwei Freunden, die schon mal mit auf dem Server herumbasteln.
Jetzt wird aus dem Baumeister aber ganz schnell ein Künstler: Er hat das Gefühl, dass muss man mehr Leuten zugänglich machen. Er nutzt ein Mod, mit dem sein Werk unzerstörbar wird, weil er nicht möchte, dass andere etwas verändern, und lässt umsonst oder gegen Spenden Leute auf seinen Server, die dann durch das faszinierende Ding hindurchlaufen. Oder er möchte, dass es sich weiterentwickelt, und lässt andere weiterbauen, weiterentwickeln – wichtig ist nur, er macht es öffentlich. Er verbreitet die Adresse zu seinem Server, läd Rezipienten ein. Oder er filmt alles und stellt den Film auf Youtube, er macht auf jeden Fall sein Werk öffentlich zugänglich (was nicht heißt, dass er das umsonst machen muss, wenn er vernünftig ist, will er für seine künstlerische Arbeit auch Geld haben) – und dann ist es Kunst.
Oder, etwas anders, jemand schriebt ein Rollenspielabenteuer für seine Gruppe, arbeitet die Sachen schick aus, zeichnet ein paar neue Monster und natürlich den hübschen Widersacher, und spielt das Abenteuer mit seiner Gruppe. Bei aller Arbeit, hier geht es noch um den Gebrauch, es gibt zwar Rezipienten, aber keine Öffentlichkeit. Erst, wenn er die Unterlagen veröffentlicht, wird daraus Kunst und Kultur.
Kultur und Kunst sind weit gestreut, sind nicht so einfach zu fassen, aber wenn man auf der einen Seite davon spricht, dass es keinen eindeutigen Nutzen gibt – außer so unklaren Begriffen wie Genuss, Unterhaltung oder ähnlichem, es also kein weiteres Interesse gibt – und einer Adressierung an die Öffentlichkeit, dann sollte man zumindest einigermaßen einen Begriff entwickeln können.