Archiv für den Monat September 2012
Vom Druck, von Messern und toten ARGE-Mitarbeiterinnen
Gestern Vormittag hat ein Mann eine Mitarbeiterin der ARGE in Neuss erstochen. Das ist schrecklich. Nicht, weil es eine junge Frau mit einem kleinen Kind war, sondern weil es überhaupt passiert ist. Es gibt immer Gründe für die Journalisten, wieso es besonders schlimm ist, aber wenn die Frau nicht 32 sondern 58 gewesen wäre und kinderlos, dann wäre es immer noch schrecklich, oder?
Man darf jetzt einen Irrtum nicht haben, man darf nicht glauben, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt. Es ist das erste Mal, dass jemand eine Mitarbeiterin der ARGE umbringt, vermutlich wird es nicht das letzte Mal sein, dass jemand angreift, und wenn man eine Statistik darüber hätte, wie oft schon Leute handgreiflich geworden sind oder kurz davor waren, dann gehe ich davon aus, dass man sehen würde, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelt.
Der Grund ist ganz einfach, bei der ganzen Gesetzgebung zum Thema ALG II ging es immer nur darum, Menschen unter Druck zu setzen. Das wird bei einer wachsenden Zahl von Menschen getan. Bei den meisten funktioniert es so, wie man sich das erhofft hat. Der Druck macht Menschen gefügig und klein. Aber wie das immer so ist, es gibt immer Ausnahmen von der Regel, und wenn der Druck extrem wird, dann kann das auch in die andere Richtung gehen. Das kann man auch den Mitarbeitern der ARGE nicht wirklich anlasten, die machen, was man ihnen sagt, die haben auch jeden Tag vor Augen, warum sie selbst auf keinen Fall arbeitslos werden wollen.
Die Mitarbeiterin in Neuss war übrigens bei weitem nicht das erste Opfer des ALG II, es gibt schon eine Menge mehr Todesopfer, aber die haben sich bisher immer schön selbst umgebracht. Warum? Weil das ganze Verfahren würdelos ist. Für jeden, der als Betroffener in die ARGE reinhumpelt, ist der erste Artikel des Grundgesetzes sofort außer Kraft gesetzt. Nur die Würde des Menschen ist unantastbar, der kein ALG II braucht.
Jeder Abgeordnete, der bei diesen Gesetzen zugestimmt hat, jeder, der die Einrichtung von Jobcentern befürwortet hat, der hat Blut an den Händen kleben. Ihr hättet es verhindern können.