Archiv für den Monat Juni 2015

Quick – BUCH vs. FILM – Was ist wirklich besser?

Der sehr unterhaltende Youtube-Filmkritiker @dieserDopo hat hier eine Frage gestellt, die ich nicht in seinen Kommentaren beantworten kann. Deswegen gibt es einen kurzen Blogpost:

Erstmal finde ich die Fragestellung spannend, weil sie meistens nur in Bezug auf spezielle Filme gestellt wird, und eigentlich nie allgemein. Ich lese viel, ich habe noch viel mehr früher gelesen, und natürlich habe ich oft in Filmen das Gefühl gehabt, das hier beschrieben wird: Ey, das ist im Buch anders! Hallo!? Aber ich glaube nicht, dass es wirklich darum geht, dass etwas anders ist, als im Buch, meistens ist es die frage, ob Drehbuch und Inszenierung noch etwas mit dem Buch zu tun haben, ob die Atmosphäre, der Geist des Buches getroffen wird. Ein paar Beispiele:

Ich kenne Puristen, die hassen die Filme aus der Herr der Ringe-Reihe. Ich war vor allem beim ersten Film völlig begeistert. Ja, ich hatte mehrfach die Bücher gelesen, aber ich klebte nicht an den mehrjäghrigen Vorbereitungen von Frodos Fahrt, ich brauchte keine Grabunholde und fand auch in Ordnung, dass Arwen ihren Bruder als Frodos Retter ablöste. Vor allem brauchte ich keinen Tom Bombadil – eine zwar originelle und liebenswerte Figur, aber dramaturgisch völlig sinnlos, hätte kein Zuschauer verstanden, der das Buch nicht kannte. Kurz, Peter Jackson und seine Mitstreiter haben eine Menge unsinnigen Ballast aus den Büchern geworfen – den sie dann teilweise in den Hobbitfilmen wieder reingeholt haben – und das war in Bezug auf den Herrn der Ringe auch genau richtig so. Liegt auch daran, dass die Bücher eigentlich überhaupt keine Meisterwerke sind, sondern nur – haha, was heißt hier nur – die Neugründung der Fantasy als Genre. Tolkien war ein wunderbarer Weltenbauer, aber gar kein so großartiger Geschichtenerzähler. Peter Jackson hat nicht nur die Geschichte besser erzählt, er hat auch die Details unglaublich liebevoll ausgefeilt, er hat optisch Maßstäbe gesetzt und sich überall, wo es ging, extrem dicht an die Vorlage gehalten, also überall dort, wo Tolkien sich nicht in altmodischem Erzählen und unwichtigen Details verlief. So muss eine Filmadaption sein.

Speziell beim ersten Harry Potter habe ich mich fast ins Kino übergeben. Und dabei hält der sich in der Geschichte doch – bis auf ein paar wenige notwendige Kürzungen – wunderbar ans Buch, oder? Nein, diese filmische Katastrophe bügelt alles glatt, was Joanne K. Rowling an Kanten in ihrem Buch hat, und damit tötet er die Magie. Sämtliche Details mit dem typischen anarchistischen Witz Rowlings sind raus. Ein paar Treppen schwingen wild durch ein riesiges Treppenhaus, wenn der eigentliche Witz doch ist, dass man Wege geht, die auf einmal woanders enden. Dumbledore salbadert Hollywoodzeilen zur Begrüßung, wenn er im Buch sagt: „Bevor wir mit unserem Bankett beginnen, möchte ich ein paar Worte sagen: Und hier sind sie: Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quick!“ Hier haben sich Regie und Drehbuch einen Scheiß für das Buch, das sie verfilmen, interessiert. So ist der Film leider Schrott und allein dieser erste Film – der zweite ist auch nicht gut – ist ein guter Grund, Hary Potter bitte bald noch mal zu verfilmen.

Diese beiden Beispiele zeigend as Grundproblem, während beim Herrn der Ringe Regie und Drehbuch offensichtlich alles in ihrer Macht stehende tun, um der Vorlage zu dienen und gleichzeitig einen guten Film zu machen, wurde beim ersten Harry Potter die Vorlage nur in Plotpunkte aufgeteilt und weder Geist noch Atmosphäre weiter bedacht. Das geht nicht, wenn man eine wirklich gute Umsetzung hinbekommen will.

Manchmal geht es nicht um eine wirklich gute Umsetzung, und das ist auch okay. Ich bin großer Verehrer von Stephen King, ich halte ihn für einen der besten Erzähler, die wir heute haben – allerdings schreibt er gute und schlechte Bücher und so sind dann auch die Verfilmungen manchmal besser und manchmal schlechter. Im Fall von „The Shining“ gibt es ein Meisterwerk von Kubrick – so sagt man. Ich persönlich kann mit Kubrick allgemein nicht viel anfangen, der ist mir zu seelenlos, er interessiert sich für meinen Geschmack viel zu wenig für die Figuren – aus dem gleichen Grund bin ich auch kein Fan von Nolan, beides handwerklich brillante Regisseure, die sich nicht für ihre Figuren interessieren. Ich schweife ab. Nun ist „The Shining“ als Buch kein Meisterwerk. Es ist ein fiebriger Alptraum, drogenumnebelt und pessimistisch. Eine Orgie des Wahns und der Zerstörung, geschrieben von einem Stephen King, der schwer alkoholabhängig war, und seine Sucht damit verarbeitete, über einen anderen Süchtigen, nämlich Jack Torrance zu schreiben. Das Zentrum seines Buches ist aber sein Sohn Danny und dessen übersinnliche Begabung, die man das Shining nennt, und natürlich das Overlook-Hotel. Gefühlt kommt im Film das Shining, so namensgebend es ist, nicht so recht vor, auch ist Danny keineswegs die Hauptfigur, denn die ist  Jack Torrance. Und da wo Kings Buch verstörend gefühlvoll ist, spielt Kubrick mit seinen cleanen wunderschönen Bildern, mit Blutwellen, die durch Korridore rauschen. Die fiebrige Stimmung des Buches hat der Film nicht. Der Film mag für manche ein Meisterwerk sein, und das ist okay, er trifft meinen Geschmack nicht, aber ich sehe natürlich, dass Kubrick und vor allem auch Jack Nickolson das große Dinge tun. Das Buch ist für viele der Inbegriff eines King-Schockers, aber da diese Qualität nicht mein Hauptinteresse bei King ist, gehört es für mich nur zu den guten Kings, nicht zu den sehr guten. Film und Buch haben wenig miteinander zu tun, auch wenn da Figuren spielen, die gleich heißen und ähnliche Dinge tun. Kubrick hat auf einem Buch, dass ihn scheinbar nicht so rasend interessierte, seine eigene Geschichte aufgebaut, und das ist wohl auch in Ordnung. King hasst den Film wohl, und auch das ist in Ordnung.

Es gibt andere Beispiele, um das noch eben zu erwähnen, wenn es um King und die Verfilmungen seiner Werke geht. Fernsehadaptionen wie „Es“ und „The Stand“ mühen sich redlich, können aber die sehr starken Bücher nicht fassen – und das bei „Es“ trotz der sehr guten Performance von Tim Curry. Das eher schwache Buch „Sie“/“Misery“ wurde in der Kinoadaption ein ziemlich guter Thriller, das etwas ausschweifende „Green Mile“ ein wirklich guter Film. Meisterwerke wurden aufgrund der sehr guten Novellen aus der Sammlung „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“ gedreht: „Die Verurteilten“ und „Stand by me – Geheimnis eines Sommers“. Speziell die frühen Bücher haben ansonsten meist schwache Filme.

Achso, ein Fazit, bevor ich mich völlig verzettel: Wenn es um Bücher geht, die sehr geliebt werden, die eine große Fanschaft haben, dann ist es klug, diese Vorlagen nur zu verfilmen, wenn man sie genauso liebt, wie die Fans. Dabei sollte man aber nie aus den Augen verlieren, dass der Film auch allein für sich stehen können muss. Filme sollten die Tiefe haben, auf vieles hinzudeuten, was im Buch genauer beschrieben ist. Szenen, die man aber nur verstehen kann, wenn man das Buch gelesen hat, sind ein absolutes No-Go, der Film muss immer auch ohne das Buch funktionieren. Bücher, die man eigentlich gar nicht so großartig findet, zu verfilmen, funktioniert nur, wenn man eine echte eigene Vision entwickelt. Dann hasst einen vielleicht Autor und Fanschaft, aber dafür gibt es neue Fans.

Warum VDS nur ein Symptom ist

Ich habe es ein bisschen sacken lassen, aber so ganz in Ruhe kann ich das Thema nicht lassen. Die SPD hat am Wochenende mehrheitlich der Vorratsdatenspeicherung (VDS) zugestimmt. Das ist schlecht, denn die VDS ist eine Möglichkeit der Überwachung, die schlicht einen schweren Einbruch in die Privatsphäre bedeutet. Also ist die SPD jetzt das ausgesprochen Böse? Ach je, ich würde da gerne ein bisschen differenzieren.

Also erstens ist das abgrundtief Böse ja prinzipiell die CDU und alles rechts von ihr. Und zwar, weil sie böse Sachen tun, nicht aus Vorurteil. Dazu gehört es, dass die CDU mit ihrer Macht den Druck auf die SPD so erhöht hat, dass man sich dort jeglichen Gedanken an Grundrechte mal wieder aus dem Kopf geschlagen hat. Der Kopf der Schlange sitzt in der CDU-Zentrale, oder da, wo man von der CDU aus denken lässt.

Die SPD versagt mehrfach. Denn obwohl es eine parlamentarische Mehrheit für eine bessere Politik ohne TTIP und VDS gibt, gibt es weder eine solche Regierung, noch auch nur wechselnde Bündnisse. Ein höherer Mindestlohn wäre drin, eine Streichung der Hartz4-Sanktionen und so viel anderes, was eine Mindestanforderung für eine bessere und verantwortungsvollere Politik wäre. Dass die SPD das nicht macht, ist nicht weniger als eine Bankrotterklärung. Und der einzige Schluss daraus kann nur sein, dass das Ziel sein muss, dass die große Koalition keine Mehrheit mehr haben darf. Die SPD interessiert sich einfach nicht genug für Menschen und ihr Wahlprogramm. Und die CDU hat noch nie etwas für Menschen gemacht.

Ist VDS nun der Untergang des Abendlandes? Nein. Aber ein weiterer Schritt zum Polizeistaat. Das Problem ist ja umfassender: Alle daten, die gesammelt werden, sind Macht und geben Macht. Ich für meinen Teil, mag ja Machtstrukturen nicht so sehr. Ich finde, je weniger Herrschaft und Macht es gibt, desto besser geht es uns allen. Durch die Datensammelei und Bespitzelung, die ja viel weiter geht, als nur die Speicherung von Metadaten, um die es bei der VDS geht, sind wir alle verdächtig, können Opfer von Algorithmen werden – und da gibt es bei aller Begeisterung, die ich für Technik empfinde, ja auch ein Problem: Computer sind doof. Selbst wenn die VDS und die ganze andere Bespitzelung, die erlaubter oder unerlaubter Weise passiert, nur für die Verfolgung schwerer Straftaten genutzt würde, würden viele von Algorithmen überführt, Dinge getan zu haben, die sie noch nicht mal geträumt haben. Aber das geht ja noch weiter. Wann immer der Staat und der Kapitalismus Macht in die Hände gespielt bekommt, wird diese Macht unweigerlich  auch missbraucht. Ist quasi ein Naturgesetz. Deswegen geht VDS nicht. Aber vieles andere eben auch nicht. Deswegen muss man Macht überall auf die Finger sehen.

VDS wird die meisten von uns nicht weiter tangieren. Die meisten von uns werden nie bemerken, dass es sie gibt. Aber manche schon und es wird Missbrauch geben. Die Welt geht nicht heute unter, aber der Abgrund kommt näher.

Ach so, ich hätte es fast vergessen: Nein, VDS bringt keine Sicherheit. Dass der Schrei nach VDS laut wurde, nachdem in Frankreich, wo es sie gibt, sehr erfolgreich widerliche Anschläge begangen wurden, ist so unglaublich bescheuert, dass es weh tut. Kein Kabarettist würde sich auf das Niveau herablassen, so eine Geschichte zu konstruieren. Zu unglaubwürdig. Aber unsere Regierung ist halt noch unglaubwürdiger. Die sind eigentlich auch unzurechnungsfähig und speziell die Innenpolitiker von CDU und SPD hätten vermutlich Schwierigkeiten, nicht unter Betreuung gestellt zu werden, wenn ihre Zurechnungsfähigkeit prüfen würde – Paranoia kann schlimme Züge annehmen.

Eine orangene Kleinpartei, deren Mitgliedsausweis ich noch in meinem Portemonnaie herumtrage, hat sich natürlich gehörig empört. Vor allem die Angriffe auf die SPD waren Legion. Und diese Empörung wird natürlich nichts ausrichten. Sie macht die Partei ebenso natürlich auch nicht relevanter, als sie in den letzten zwei Jahren je war. Weil es nun mal nichts bringt, sich zu empören. Es wird auch keine Wählerstimmen bringen. Und warum? Weil es ja keine Alternative gibt. In der ganzen Diskussion gibt es eine Sache, mit der die Regierung durchaus recht hat: Es gibt mehr technische Möglichkeiten der Kommunikation – man ist ja überrascht, dass sie es gemerkt haben – und mit mehr Möglichkeiten der Kommunikation gibt es auch mehr Möglichkeiten, diese kriminell auszunutzen. Natürlich kann man da mit VDS nichts gegen tun, aber man kann den Menschen mehr Sicherheit damit vorgaukeln, und nebenbei auch noch Macht aufbauen, das findet natürlich jede Regierung gut. Die Aufgabe für alle, die VDS gerechtfertigt ablehnen, sollte es sein, Ideen zu entwickeln, wie man denn Kriminalität und meinetwegen auch Terror denn begegnen kann. Dafür braucht es meiner Meinung nach mehr als Empörung, nämlich ein grundsätzliches Hinterfragen unserer Begriffe von Rechtmäßigkeit und Verbrechen, ein grundsätzliches Hinterfragen von Besitz und Wachstum. Relevanz käme nur durch politische Vision. Wie schade, dass ich das nur noch im Konjunktiv schreiben kann.

Quick – Die Toten kommen

Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat in dieser Woche eine Aktion gestartet, die zumindest einen kleinen Medienaufruhr geschafft hat. Die Aktion „Die Toten kommen“ ist hier beschrieben. 

Nun ist das Echo durchaus verschieden. Einige sehr wohlwollende Meinungen stehen auch einigen sehr kritischen Meinungen gegenüber. Die Kritik von Rechts ist so gewiss wie belanglos. Wenn Menschen sich für eine bessere Welt einsetzen, ist das immer rechten Ideen diametral. Aber es gibt auch ernstzunehmende Menschen, die die Aktion irgendwie problematisch finden. Ist die Aktion zu populistisch, ist sie Leichenfledderei, ist sie pietätlos?

Mit Toten Kunst zu machen, ist seit den Körperwelten offenbar einigermaßen akzeptiert, sonst hätte man diese Schau nie irgendwo zeigen dürfen. Ich gehe also davon aus, dass das vom Künstlerischen her in Ordnung ist. Die Frage, die noch bleibt, ist, ob man mit Toten Politik machen darf? Auf der einen Seite wird mit Toten ständig Politik gemacht. Wer nach Charlie Hebdo auf die Vorratsdatenspeicherung – die ja den Anschlag von Paris seltsamerweise nicht verhindert hat – fordert, macht schamlos mit Toten Politik. Also ist auch das offenbar so Usus.

Nun kann man einwenden, dass das Mittel der Konservativen und Rechten sind, und man nicht auf deren Niveau herab sollte. Ja, da ist ja prinzipiell was dran, aber dann muss man halt noch ein bisschen genauer schauen. Die vom ZPS feierlich Begrabenen waren vorher in Massengräbern verscharrt oder in Lagerhäusern in Plastiksäcken gelagert. Natürlich kann man sagen, dass es ihnen ja nicht mehr weh tut, aber dann ist es ihnen auch egal, was das ZPS mit ihnen macht. Der eigentlich Skandal bleibt natürlich, dass Europa sich abschottet und diese vielen Toten produziert, der zweite ist, wie dieses Europa mit den großen christlichen Werten – die sämtlichen Regierungen natürlich am Allerwertesten meilenweit vorbeigehen – mit diesen Toten umgeht. Wenn das ZPS also die Leichname der Flüchtenden und von der EU so kaltherzig dem Tod anheim Gegebenen nutzt, um auf deren Schicksal hinzuweisen, dann hat das einen großen qualitativen Unterschied. Sonst haben die Toten, die für Politik instrumentalisiert werden, nämlich zu 95 Prozent nichts mit den politischen Zielen zu tun, für die sie (mis- oder) gebraucht werden. Jeder Sarg mit einer Flagge drauf, der von Politikern besucht wird, ist übrigens auch eine Instrumentalisierung. Warum sollte man das nicht mal in ein andere Form bringen.

Ist das populistisch? Aber sicher! Zumindest wenn das Wort bedeutet, dass man mit drastischen Mitteln Menschen für ein politisches Ziel gewinnen will.  Es ist nicht populistisch in dem Sinne, dass man dem Volke nach dem Maule spricht – für die, die mit meiner altmodischen Formulierung nichts anfangen können, gemeint ist: „Dass man sich wie CSU und AfD für die Förderung mieser Ressentiments einsetzt“ -, denn so richtig behaglich ist das ja nicht, oder? „Die Toten kommen“ ist eine Aktion, die weh tut, die keinen Spaß macht, die noch nicht mal ein „Das geschieht dem politischen Gegner recht!“ zulässt. Die Toten, die da kommen, gehen uns alle an. Und wir sind alle dafür mitverantwortlich, dass sie ihr Leben verloren haben. Das hört keiner gern, ich auch nicht. Es nimmt mich mit, es macht mich traurig und manchmal verzweifelt. Aber es ist ja nie so richtig schön, darauf gestoßen zu werden, was so richtig scheiße läuft, oder? Und den Job muss nun mal irgendwer tun. Ich für meinen Teil kann mich beim ZPS nur bedanken.

Eine letzte Frage wäre noch zu beantworten: Ist das eigentlich Kunst? Oder doch nur einfach eine andere Art von Demonstration? Wenn früher Umweltaktivisten Schornsteine besetzt haben, war das ja auch keine Kunst, oder? Nun, erstens ist Kunst das, was jemand zu Kunst erklärt. „Alles ist Kunst“, hat das nicht Herr Beuys gesagt? Natürlich sind wir hier in einem Gebiet, das nicht klar abgegrenzt ist. Die Aktion hat starke politische Inhalte, aber unpolitische Kunst gibt es ja auch nicht so wirklich. Und was wir ja eigentlich auch nicht wissen – vielleicht ist es ja nur ein großes Theater. Vielleicht waren alle Särge leer? Denn dann wäre die gesamte Aktion doch eine provokante Performance, oder? Dann gäbe es auch keine Frage, ob es hier um Kunst geht. Wenn die Künstler und Künstlerinnen vom ZPS klug sind – wovon ich stark ausgehe -, werden sie das nie verraten. Schrödingers Leichen. Sie sind gleichzeitig drin, aber auch wieder nicht. Allein das ist Kunst. Natürlich ist die Aktion Kunst. Und sogar gute.

Quick – Mad Max: Fury Road – ein politischer Film?

ACHTUNG SPOILERGEFAHR!

Zwei Wochen nach Kinostart habe ich es dann auch mal in den neuen Mad Max-Film geschafft. Und es hat einem schon den Atem verschlagen. So eine Action-Kanonade hab ich selten gesehen. Es ist dann auch fast nur Action, und ein bisschen wenig Handlung, aber darum sollte es hier eigentlich gar nicht gehen. Schließlich steht in der Überschrift eine Fragestellung.

Wie ich darauf komme, ist keine große Sache: Irgendein spinnerter amerikanischer Männerrechtler hat seine Anhänger dazu aufgerufen, diesen Film zu boykottieren, weil er feministische Propaganda in harter Action verpackt sei. Und wir wissen ja, dass Actionfilme nur von Männern gesehen werden … äh ja … egal. Das hat mich schon ein bisschen erwartungsvoll gemacht, als ich das Kino meines Vertrauens aufsuchte.

Und was soll man sagen: Naja, ein feministischer Film ist es wohl nicht gerade. Feministisch bewegte werden sich letztlich an der Mütterverehrung des Films stören. Und natürlich an den jungen Frauen, die quasi nackelig als Eyecandy in die Wüste gestellt werden. Wird letztlich ein extrem frauenfeindliches Patriarchat durch ein Matriarchat ersetzt? Ist das eine feministische Traumvorstellung? Weiß ich alles nicht. Der Schluss ist auch nicht der eigentliche Grund, weshalb ich die oben gestellte Frage bejahen möchte. (Übrigens auch nicht die Endzeitfilm-typische Sozialkritik)

Ja, dieser Mad Max ist ein politischer Film. Aber nicht wegen der Handlung oder dem Ende, sondern wegen des Umgangs mit den weiblichen Figuren des Films. Furiosa ist eine weibliche Actionheldin, die trotz verlorenem Unterarm eigentlich nie wirklich schwächer als Mad Max selbst dargestellt wird. Neben körperlicher Ebenbürtigkeit hat sie die Attribute Intelligenz und Entscheidungsfreudigkeit. Sie ist die Anführerin und alles hört auf ihr Kommando. Ist ja schon mal was.  Die Mütter sind ältere Damen, die schon länger in der Wüste mit allen Tricks und auch mit Treffsicherheit überleben. Sieht man eher selten, die Schauspielerinnen, die da auf Motorrädern unterwegs sind, werden wahrscheinlich sonst eher als nette Omis gecastet, und nicht als Scharfschützinnen, die reihenweise Warboys ausschalten. Und die verwöhnten Mädchen, die Furiosa aus dem Harem des selbsternannten Erlösers befreit? Ja, die sind erstmal wenig angezogen und „mädchenhaft“ ängstlich und zwischendurch will auch eine wieder zurück in ihren goldenen Käfig – aber am Ende sind auch diese ehemaligen Barbiepüppchen bereit und in der Lage, Waffen abzufeuern und sich am Kampf zu beteiligen – ohne, dass diese Verwandlung besonders betont wird. Sie haben einfach gute Vorbilder und lernen schnell.

Ich kann mich an keinen Film erinnern, in dem so viele Frauen aktiv in einem Actionfilmunterwegs waren. Nicht als Ausnahme wie sonst, sondern selbstverständlich. Es ist nicht unbedingt ein feministischer Film, aber ein Actionfilm, in dem Frauen als Aktivposten Normalität sind.