Archiv für den Monat Januar 2017

Ein Buchenwald

Es ist Oktober und es ist kalt, fünf Grad vielleicht. Als ich aus dem Auto steige, mich nach einigen Stunden Fahrt strecke, spüre ich schon, dass ein bisschen Kälte auch in mein Inneres strömt. Es ist die strenge Architektur der SS-Häuser. Aus welcher Zeit diese Häuser stammen, ist nicht zu übersehen.

Ich stehe vor der Gedenkstätte des KZ Buchenwald. ich schließe mich einer Gruppe an. Ein rüstiger Mittachtziger versammelt einige Besucher um sich, präsentiert Fakten, Dimensionen erstehen. Der alte Mann erzählt, dass er die Häftlinge als Kind selbst durch die Orte ziehen sah, ja, natürlich wusste jeder in Weimar bescheid. Wie hätten sie es übersehen können.

Die Struktur wird klarer. Ja, das meiste weiß ich, aber wissen ist nicht gleich wissen. Ich gehe den Weg, den sie rennen mussten. Sie, die vielen tausend Häftlinge, die hier eingesperrt wurden, und von denen so viele hier ihr Grab in den Lüften fanden. Mehr Tote als Einwohner in meiner Heimatstadt, zweimal, dreimal. Und wir reden nicht über die Züge, die von hier nach Auschwitz fuhren.Es ist so kalt.

Das Tor. Jedem das Seine. Jedem. Das. Seine. ich mache Fotos, die ich mir hinterher nicht mehr anschaue. Fotos, um mich abzulenken. Um irgendwie klar zu kommen. Und dann durchs Tor hindurch und dort stehen, wo sie standen, stundenlang im Appell, kaum bekleidet. Der Wind zieht hier brutal. Ich friere in meiner Winterjacke. Nordhang, wohl dem, der winddichte Kleidung hat. Also wohl mir. Wie lange hätte ich das ausgehalten? wie schnell wäre ich durch den Schornstein gegangen, der von hier aus schon zu sehen ist?

Momente des Gedenkens, ja, klar, irgendwie schon, aber mehr des Begreifens. Die Weimarer spazierten fünfzig Meter von hier vorbei, während hier Menschen verhungerten, erfroren, zu Tode gequält wurden. Ein Schornstein, der nie ohne Rauch war. Und was muss Lager samt Schornstein für einen Gestank über Weimar hinziehen lassen haben? Hätte ich noch irgendwelche Illusionen gehabt, hier würde ich sie verlieren. Der alte Herr schneidet sie mit seinen Fakten aus den Menschen heraus. Mein tief empfundener Dank!

Das Krematorium. Der Hof, den man von Bildern mit Leichenbergen kennt. Ich gehe darüber hin, ich gehe in das Gebäude und stehe vor einem solchen Foto. Vergrößert, eine ganze Wand. Das ist da, wo ich eben noch stand, Boden, über den ich eben ging. Mein Inneres gefriert. Dann Öfen, so viel deutsche Wertarbeit. Vielleicht wäre es gut, wenn man sich erbrechen könnte, seinem Abscheu Ausdruck geben. Die Treppe die in den Leichenkeller geht. Und ich stehe davor und ich will nicht mehr. Ich will nicht noch mehr spüren, begreifen, nachfühlen. Ich bleibe oben.

Die nachgebaute Ermordungsanlage dann, fast eine Wohltat, denn die ist nicht so echt. Und sie macht wieder mehr wütend, weniger fassungslos. Wie tiefgreifend böse. Wie zynisch. Und alle Worte reichen nie so ganz. Ein Text muss hier immer mager bleiben. Verdünnt.

Es dauert vier Monate, bis ich das hier in Worte fasse. Weil der 27. Januar ist. Weil die Befreiung von Auschwitz ein Moment ist, in dem ich mich dazu zwingen kann. wenigstens diese dürftigen Worte zu suchen. Die Kälte steckt noch in mir. Die Kälte und die kalte Wut.

Ich spüre keine Scham und keine Schuld, ich weiß, auf welcher Seite des Zauns ich gestanden hätte.

Ich spüre kalte Wut auf jeden, der den Buchenwald vergessen will, auf jeden, der seine jämmerliche Identität auf Blut und Abstammung gründet, auf jeden, der sein Leben wichtiger erachtet als das der Anderen.

Alerta!

World of Tanks für absolute Anfänger II – Kleine Kanonenkunde

So, in meinem ersten Post über World of Tanks habe ich so ziemlich das wichtigste geschrieben, was ihr wissen solltet, bevor ihr überhaupt angefangen habt. Jetzt habt ihr vielleicht ein paar Runden gedreht, wart in Ruinberg und Mittengard und habt mit den Minen wahrscheinlich auch schon die erste offenere Karte kennengelernt. Dann sollten wir doch mal über Kanonen sprechen, denn mal ehrlich, auf die Gun kommt es an …

Munitionen

Was verschießen die Kanonen? Richtig, Munition, und deshalb müssen wir mal kurz auf diese schauen. Es gibt zwei Haupttypen von Munition, und die solltet ihr kennen. Auf der einen Seite und meistverschossen gibt es die panzerbrechenden AP-Granaten, auf der anderen die HE-Munition, die viel weniger Panzerung durchschlägt, dafür aber beim Aufprall explodiert. Wie funktioniert das?

AP-Granaten sind Geschosse, die dafür gemacht sind, Panzerungen zu durchschlagen. Sie verursachen nur dann Schaden, wenn man mit ihnen auch durch die Panzerung durchkommt. Deshalb ist ihre Penetrationsleistung elementar. Auf Gegner, die ihr nicht penetrieren könnt, braucht ihr mit AP-Granaten gar nicht wirklich schießen – allenfalls auf die Ketten, damit ihr die Gegner lahmlegt und Teamkameraden mit mehr Penetration durchkommen können. Oder schlicht, dass ihr den Gegner zum Stehen bringt, und ihn dann von einer schwächer gepanzerten Seite aus zu beschießen.

HE-Granaten machen quasi immer Schaden, und je mehr Kaliber dahinter steckt, desto mehr Spaß macht das. (Es ist möglich, dass ihr mit sehr kleinen Kalibern auch mit HE-Granaten keinen Schaden macht, weil die gegnerischen Panzer einfach so viel Panzerung haben, dass der HE-Schaden gefressen wird. – Ist aber eher selten.) Auch HE kann penetrieren, und die hohen Schadenswerte, die bei HE-Granaten angegeben sind, gilt für diesen Fall. Allerdings sind die Penetrationswerte, die HE hat, im Vergleich sehr niedrig. Von ein paar Kanonen auf niedrigen Stufen abgesehen ist das oft kaum ein Drittel dessen, was AP-Granaten durchschlagen können. Durchschlagen HE-Granaten den Gegner nicht, dann explodieren sie auf der Oberfläche, was oft auch im Panzer für große Probleme sorgt. HE-Treffer setzen oft Mitglieder der Panzermannschaft außer Gefecht und zerstören innere Module und, immer gern genommen, auch die Ketten.

Dann gibt es andere Formen der Munition, die oft, aber nicht immer Premium-Munition ist, also viele Credits kostet und – wenn ihr es mit ihr übertreibt – dazu führt, dass ihr nach einem Gefecht weniger Credits habt, als vorher – etwas, was sonst nur bei schlechten Spielen in hohen Tiers passieren kann, wenn die Reperaturkosten für eure Panzer einfach astronomisch werden. Zwei Sorten von Munition sind dabei wirklich wichtig, der Rest muss euch erst interessieren, wenn ihr schon mindestens sechs oder sieben Tiers hinter euch habt.

APCR-Granaten sind Hartkernmunition, die im Prinzip wie AP funktionieren, aber einfach mit mehr Penetration gesegnet ist. Nebenbei fliegt sie auch schneller, was es deutlich einfacher macht, sich bewegende Ziele damit zu treffen. Manche Panzer haben APCR auch als Normalmunition, deren – und nicht nur deren – Premiummunition heißt dann:

HEAT-Granaten explodieren und formen mitgeführtes Metall zu einem Metallstrahl, der Panzerung brutal durchlöchert. Auch diese Granaten haben also eine hohe Durchdringung. Im Gegensatz zu AP- und APCR-Granaten, die auf größere Entfernung Penetration verlieren, bleibt sie bei HEAT auf jeder Entfernung gleich. Dafür bleibt HEAT schnell hängen, zum Beispiel in den Ketten oder in manchen Formen der Panzerung.

Dazu kommen dann noch HESH-Granaten und verbesserte HE für Selbstfahrlafetten. Auch verbesserte AP mit mehr Penetration gibt es für wenige Panzer zu erwerben. Aber wie gesagt, dass sind die totalen Ausnahmen.

Solltet ihr jetzt eigentlich verschiedene Munition mitnehmen, oder reicht eine Art? Meistens spielt man eine gewisse Verteilung. Bei den meisten Kanonen hat es Sinn, relativ viel AP, ein bisschen Premium und ein paar HE-Granaten mitzunehmen. AP ist Brot und Butter, die Premiummunition benutzt ihr hauptsächlich, wenn es eng wird und ihr nicht sicher seid, ob ihr mit AP durchkommt. HE ist für leicht zu durchschlagende Gegner da, also meistens quasi ungepanzerte Jagdpanzer oder Artillerien. HE macht da mehr Schaden und wenn ihr die Zeit habt, umzuladen, ist die HE sinnig. Außerdem verursacht HE ja auch fast immer Schaden, wenn auch ohne Durchschlag sehr viel weniger. Das kümmert Gegner sehr wenig, wenn sie fast keine Strukturpunkte mehr haben, und ihr sie irgendwo treffen müsst, um ihre letzten Punkte wegzusprengen.

Von der „normalen“ Munitionsverteilung zu den verschiedenen Kanonen:

Wenn ihr erst ein paar Runden gespielt habt, dann habt ihr kleine Kanonen bis 50mm gesehen und eine Menge Maschinengewehre. Das letzte MG wird auf Tier 4 gefahren, danach sind die glücklicherweise nicht mehr da – ganz einfach, weil sie nicht genug Durchschlag haben, um mitzuhalten. Aber Tier 4 bis 5 werden 57 bis 75 mm-Kanonen normal, letztere findet ihr bis Tier 7, danach werden 88-90 mm normal, Heavys und Jagdpanzer sind schon recht früh mit Kanonen über 100mm unterwegs, und in den Top Tiers fahren Kanonen mit über 18 cm Kaliber herum, die größten Kanonen überhaupt gibt es natürlich unter den Artys, die haben bis zu 24 cm. Aber da schauen wir noch mal gesondert.

Allgemein gilt: je größer das Kaliber, desto größer der Alphaschaden – mit diesem Wort bezeichnet man den Schaden pro Granate, im Gegensatz zur DPM, dem Schaden pro Minute. Aber steigt der Alphaschaden, verringert sich die Anzahl der Schüsse pro Minute, und allgemein haben kleinere Kanonen oft mehr DPM bei weniger Alpha. Das kann bei manchen Panzern eine Menge ausmachen.

Da ihr auf vielen Panzern zwischen mehreren gleichwertigen Kanonen wählen könnt, hier mal ein Beispiel: Der allseits beliebte T6-Heavy KV 85 der Russen kann die namensgebende 85 mm-Kanone nutzen, die als T6-Waffe deklariert ist. Die hat 120 Penetration – was zu wenig ist – aber einen Schaden pro Minute von 1959 – was für T6 mehr als ordentlich ist. Erforscht man die 100mm Kanone, dann steigt der Alphaschaden von 160 auf 250 Strukturpunkte und die Penetration auf 170 – da wäre es sogar egal, wenn sie deutlich weniger DPM hätte. Was nicht der Fall ist, die 100mm-Kanone ist T7 und kommt mit quasi der gleichen DPM daher. (durchschlagt ihr die Panzerung der Gegner nicht, macht ihr gar keinen Schaden, und 120mm Penetration ist einfach wenig.)

Es gibt neben der 100mm-Kanone noch eine Riesenkanone, die ebenfalls als T7-Kanone gilt. Die kommt mit 122 mm Kaliber daher, eine Riesenwumme. Ein Alphaschaden von 390 mit 175 Durchdringung – Klasse, oder?  Bei einem Jagdpanzer könntet ihr über diese Kanone nachdenken, denn die schießen aus dem Hinterhalt und verpieseln sich dann wieder, für den schweren KV 85, der schon recht nah an der Front gespielt wird, ist die Riesenwumme nix, denn die schießt gerade drei Mal in der Minute und kommt nur auf 1170 DPM – also nur wenig mehr als die Hälfte des Schadens, den ihr mit der 100mm-Kanone rausdrücken könnt.

Allgemein kann man als Richtlinie sagen, dass ihr mit großen Kanonen mit hohem Alphaschaden mit allen Panzern gut bedient seid, mit denen ihr euch nach einem Schuss zurückziehen könnt oder eh müsst, weil die Panzerung eh nichts hilft. Deswegen fahren die großen Wummen oft auf beweglichen Heavys oder Jagdpanzern durch die Gegend. Schnellschießende kleinere Kaliber sind vor allem dann praktisch, wenn ihr in den Nahkampf fahrt. Supermobile Lights und Meds umkreisen ihre Gegner und feuern alle zwei bis drei Sekunden? Das Klingt gut! Mit schnellen Kanonen könnt ihr die Ketten der Gegner zersägen und sie dann umkreisen – ihr werdet also nicht getroffen, und damit ist die schnelle Kanone großartig. Oder ihr fahrt ein langsames Stück Metall, britische Heavys oder die AT-Jagdpanzer. Mit diesen Panzern könnt ihr eh nicht ausweichen, ihre Panzerung ist allerdings auch nicht übel, also steht ihr vor Panzern, sie prallen ihre wenigen Schüsse ab, während ihr sie mit schnellschießenden Kanonen durchlöchert.

Derpy Derp!

Es gibt Kanonen, die eher langsam schießen, mit großen Kalibern und wenig Durchschlag. Die Derp-Guns. Die werden hauptsächlich mit HE-Munition gefahren, sind dafür beliebt, dass sie schwach gepanzerte Gegner mit einem Schuss aus dem virtuellen Leben nehmen und machen Panzer wie den Hetzer oder den KV2 zu den Kultpanzern. Wenn ihr diese großen Kanonen und Haubitzen ausrüstet, nehmt nur HE und Premiummunition mit, letztere nutzt ihr, um auf mittlere Panzer zu schießen, Lights durchschlagt ihr oft mit HE und bei Heavys kommt ihr oft auch nicht mit Premium durch, da macht also HE jeweils mehr Sinn.

Und was ist nun mit den Artys?

Allgemein verschießt ihr mit den großkalibrigen Mörsern HE-Granaten. Mit denen kommt ihr auch auf schöne Splash-Radien, ihr müsst also nicht exakt treffen, um Gegner zu beschädigen. Bei vielen Artys kann man aber auch AP oder HEAT kaufen, teils als Normal-, teils als Premiummunition. Das hat allerdings bei vielen Selbstfahrlafetten keinen wirklichen Sinn. Die großkalibrigen Mörser haben eine Genauigkeit, die das Spiel mit ihnen oft zu einer Lotterie machen. In höheren Tiers findet ihr allerdings die eine oder andere Kanone, die zwar drei Stunden einzielt, dann aber präzise gegnerische Panzer trifft. Wenn ihr erstmal Heavys fahrt, bemerkt ihr diese Artys daran, dass ihr einfach mit einem Schuss von der Karte getilgt werdet.

Clipper, eine ganz besondere Gemeinheit

Autoloader, Kanonen, die wie Automatikpistolen von allein nachladen, sind eine Spezialität besonders der französischen Panzer. Man findet sie aber auch bei Tschechen und Schweden und ein paar anderen Panzern – besonders leichte Panzer fahren oft mit ihnen durch die Gegend. Die Idee ist ganz einfach – ihr erscheint an einem vom Gegner oft nicht direkt erwarteten Ort, wartet, bis er geschossen hat, und bringt drei bis fünf Schüsse in seinem Panzer unter, bevor er einmal zurückschießen kann. Im Jargon nennt man sowas: Rausclippen. Nicht zu verwechseln mit „Rausklicken“, das bezeichnet das Ausradieren per Arty.

Autoloader haben auch große Nachteile, schließlich laden sie ewig nach, wenn sie einmal ihren Clip leer haben. Das Spiel mit ihnen erfordert also immer einen Plan, wie ihr wieder wegkommt. Aber der Burstschaden – also viel Schaden in sehr kurzer Zeit – der macht schon viel Spaß und möchte gut angewendet sein.

Quick – Das Narrativ „Silvester in Köln“

Warum lassen wir uns eigentlich dieses Narrativ von „nordafrikanischen jungen Männern, die sich organisiert nach Köln begeben, um deutsche Frauen anzufallen“ aufschwatzen? Warum reflektieren wir sowas nicht?

Silvester 2015: Menschen feiern in Köln, sie sprechen diverse Sprachen, eine davon ist arabisch und vermutlich schlägt hier Feierlaune irgendwann in eine Stimmung aus Aggressivität und Machotum um. Das ist kacke, liegt natürlich auch daran, dass vielen der Beteiligten durch ihre Religion – also in diesem Fall der Islam – das Frauenbild der CSU eingeimpft wurde. Gruppendynamiken entwickeln sich und es passiert in etwas größerem Ausmaß, was wir von deutschen jungen Männern auf dem Oktoberfest, dem örtlichen Schützenfest und ähnlichen Situationen zu Genüge kennen. Frauen werden blöd angemacht, angefasst, Dinge passieren, von denen wahrscheinlich annähernd jede Frau das eine oder andere Liedchen singen kann.

Dass das kacke ist, darüber stellt sich keine Frage. Im Nachhinein werden einige der Mitmacher die Nummer cool gefunden haben, viele werden auch verschämt in die Gegend geschaut haben, weil sie wussten, dass sie da in Gruppe Dinge getan haben, die sie allein nie tun würden – Gruppenzwang ist ein Arschloch, kann jeder bestätigen, der mal beim Bund war. Aber natürlich war das, was da abging, widerlich. Allein, es hatte nicht so viel damit zu tun, dass die jungen Männer etwas dunklere Hautfarbe hatten, als in diesem Land die Norm ist, es hatte viele Gründe, die mit Hormonen und Gruppe in erster Linie zusammenhingen.

Eine wirklich problematische Sache wurde Silvester 2015, weil die Polizei nicht eingriff. Reihenweise bekam die Polizei Meldungen, dass es ein nicht zu unterschätzendes Problem gab. Menschen wollten den Schutz der Freunde und Helfer – aber die Polizei blieb untätig. Beherztes Eingreifen hätte 2015 sicherlich geholfen, aber offenbar hatten die Beamten vor Ort nicht den Mumm etwas zu tun, Verstärkung fand sich auch nicht, eine hochnotpeinliche Nummer, die unbedingt in andere Richtung hätte interpretiert werden müssen. Hier ging es nicht um einen „Sexmob“, wie die rassistischen Teile der Presse schrieben, hier ging es um die Polizei, die eine gar nicht so unübliche Situation nicht in den Griff bekam, oder genauer, die noch nicht mal versuchte, die Sicherheit der Feiernden zu garantieren.

Silvester 2016: Menschen wollen in Köln Silvester feiern. Und wie diese Stadt bunt ist, und wie so viele Sprachen am Rhein gesprochen werden, sind auch wieder viele Menschen dabei, deren Hautfarbe dunkler ist, als zum Beispiel jetzt meine. Dieses Jahr möchte die Polizei allerdings ihr Versagen aus dem Vorjahr wieder gut machen. Aber weil man das mit dem beherzten Eingreifen ja immer noch nicht kann, wird nicht einfach die Personalstärke etwas erhöht und Präsenz gezeigt, was sicherlich ausgereicht hätte, um zu signalisieren: „feiert liebe Leute, aber macht keinen Scheiß, wir sind da und unterbinden das.“

Stattdessen wurden Menschen abgefangen, und die männlichen mit schwarzen Haaren dunklem Teint wurden raussortiert und eingekesselt. Also jetzt nicht die Leute, die sich aggressiv verhalten haben, oder die Leute, von denen man aus dem Vorjahr wusste, dass sie gerne ihre Hände dahin ausstrecken, wo sie wirklich nur auf ausdrückliche Einladung hindürften, sondern alle, die ein gewisses Aussehen hatten. Diese Menschen wurden eingeschüchtert und ihnen wurde die Feier verdorben. Warum? Weil sie eben phänotypische Ähnlichkeiten mit Leuten hatten, an die sich die Polizei im Vorjahr nicht herangetraut hatte.

Das Problem bei beiden Silvestern heißt Polizei. Wenn 2015 nur ein paar Streifenwagenbesatzungen klar eingeschritten wären, notfalls auch mit Gewalt, dann hätten wir uns ganz viel rassistische Äußerungen weniger anhören müssen. Und Silvester 2016 wäre viel weniger Menschen, die an der Gewalt von 2015 keinerlei Anteil hatten, der Spaß verdorben worden, wäre der Polizei ein bisschen Mut gewachsen.

Quick – Was ist an „Nafris“ denn so schlimm? – Oder: Warum Racial Profiling kacke ist!

Nein, „Nafris“ als interner polizeilicher Begriff geht nicht. Nein, es geht auch nicht, dass Menschen wegen ihres Aussehens gekesselt und in Gewahrsam genommen werden. Letzteres verstößt ganz einfach massiv gegen das Grundgesetz, und wem der Begriff „Rechtsstaat“ irgendwie wichtig ist, der sollte hier aber mal dringend die Lauscher aufsperren. Racial Profiling ist eine diskriminierende rassistische Praxis. Das kann und darf in einem Rechtsstaat, der sich auch nur irgendwie den Menschenrechten verpflichtet fühlt, nicht passieren. Unser Staat hat sich ein Grundgesetz gegeben, dass hier eindeutig ist. Das, was die Polizei am Silvesterabend 2016 in Köln abgezogen hat, verstößt vehement gegen die Artikel 1 und 3 des GG.

Der Begriff „Nafri“, der durch einen selbstentlarvenden Tweet der Polizei in die Öffentlichkeit gelangt ist, ist noch ein größeres Problem. Denn hier zeigt sich, dass die Polizei intern einen Begriff für Menschen aus einer bestimmten Ecke der Welt geprägt hat und damit arbeitet. Menschen auf diese Art in Schubladen zu stecken ist aber eben schon vom Kern her rassistisch. Will sagen: das ganze Denken hinter einem solchen Begriff ist rassistisch. Nebenbei gibt es hier auch noch eine klassische Entrechtung oder gar Entmenschlichung, denn für jeden Begriff braucht es ja einen Gegenbegriff. Und wie heißt der dann? Bürger? Oder gleich Menschen?

An eine Polizei, die auf das Grundgesetz schwört, müssen hohe Ansprüche gestellt werden. Die Aktionen vom Samstagabend könnte man prinzipiell mit Übereifer erklären, nachdem man im Vorjahr schlicht versagt hatte – denn da gab es eine echte Gefahrenlage und die vorhandene Polizei blieb untätig, obwohl es eine Menge Anzeigen gab – und Übereifer kann passieren. Aber der interne Begriff der „Nafris“ zeigt deutlich rassistisches Denken auf, und das darf nicht passieren, damit muss schnellstens aufgeräumt werden, und vor allem darf es jetzt nicht von der Politik und den Medien verharmlost und entschuldigt werden.