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HP 7.1
Mit einer der Grippe geschuldeten Verzögerung einer Woche, habe ich nun inzwischen den ersten Teil des letzten Harry Potter-Films gesehen – und ich muss sagen, ja, ich bin positiv überrascht. Auf der einen Seite ist das Gefühl des Buches unglaublich nah gewesen, überhaupt hat der Film sich enger an das Buch gehalten, als überhaupt einer der HP-Filme bisher. Und ist der erste Teil des siebten Bandes meinem Empfinden nach der langweiligste Teil der gesamten sieben Bände, so sind die Längen dieses Buches im Film natürlich so weit herausradiert, dass der Film trotz Überlänge richtig kurzweilig wirkte.
Noch erstaunlicher: Die drei jungen Hauptdarsteller dürfen auch mal ein bisschen schauspielern, vor allem Daniel Radcliffe und Rupert Grint wurden mal ein bisschen mehr gefordert. Dass Emma Watson nebenbei atemberaubend zerbrechlich und doch wieder die stärkste des Trios sein darf, ist ein besonderer Leckerbissen. Gute Regieleistung des Herrn David Yates – der auch ansonsten große Arbeit abliefert. Da sind die spärlichen und oft genau deswegen guten und gutgesetzten Gags, da sind die sehr europäisch-melancholischen Momente, die man einem Blockbuster gar nicht so zutraut, und da sind natürlich tolle Effekte, auch mal richtig erschreckende – nein, das ist wahrlich kein Kinderfilm. Die Freigabe ab 12 Jahren ist aber völlig in Ordnung, alles andere wäre albern gewesen. Yates vergisst aber über die Effekte nie die Geschichte. Und natürlich dürfen eigentlich alle altgedienten Lieblinge auftreten, allerdings sind die Bösewichte nicht so schillernd, wie sie das sonst in dieser Serie sind – ich mein, mal ehrlich, niemand ist so cool wie Severus Snape (alias Alan Rickman) oder die eh großartige, herrlich böse Helena Bonham Carter in der Rolle der Bellatrix Lestrange – aber die haben, wie auch Lucius Malfoy (alias Jason Isaacs), leider keine so wunderbar böse Auftritte, allenfalls Imelda Staunton darf als Dolores Umbridge an ihre wunderbare Leistung des Vorgängers anknüpfen – meine Herren, was kann diese Frau widerlich sein, herrlich. Oh, bevor ich es vergesse: Die Umsetzung des Märchens von den drei Brüdern finde ich absolut und vollständig gelungen, großartige Idee, tolle Optik, alles richtig gemacht.
Ralph Fiennes als der, dessen Name nicht genannt werden darf, ist, na ja, Geschmackssache – nicht schlecht, nein, aber es gibt dämonischere Typen, als diesen Voldemort – ups, jetzt habe ich den Namen doch geschrieben.
Was ich übrigens richtig gut finde, ist die Verknüpfung mit eindeutig faschistischen Merkmalen, die die Todesser im Allgemeinen abbekommen – die Verknüpfung kommt natürlich auch bei J.K. Rowling so vor, ist aber auch sehr konsequent zu Ende gedacht. Natürlich ist dieses Geschwafel von unreinem Blut böse, ja dämonisch – und soll es doch ruhig erzieherisch wirken, wenn es vom dunklen Lord kommt und nicht von einer Witzfigur wie Herrn Sarrazin. Widerlich ist es in jedem Fall.
Ja, es scheint, als ob David Yates diese Filmserie, die mit zwei unglaublich bescheidenen Werken begann, zu einem guten Abschluss führen wird. Und wenn man in zwanzig Jahren mal darüber nachdenkt, HP noch mal zu verfilmen, könnte man sich gerne überlegen, ob man die Serie nicht von vorne bis hinten in eine Hand gibt und noch mal in stimmig verfilmt.
Magst du mir was vorlesen?
Ja ja, blöder Titel für einen Blogeintrag über „Der Vorleser“, aber wenn man gerade mal nicht kreativ ist … nun also hat der Vorleser nicht nur das Zentralabitur sondern auch das Kino erobert, und Kate Winslet hat sogar einen Oscar dafür bekommen.
Ich habe mich immer ein bisschen gefragt, warum ein netter, ziemlich konventioneller Roman mit Dramaturgieproblemen sogar als Abiturstoff behandelt werden muss oder kann – keine Frage, kein schlechtes Buch, aber auch kein Erlebnis, keine Literatur, die wirklich berührt.
Und nun ist ein Film draus geworden, der uns die Geschichte erzählt, uns zeigt wie Kate Winslet obenrum ausschaut und, ja, was und?
Die Regie hat gute Bilder gefunden, nur an wenigen Stellen hätte man ein bisschen auf die Bremse treten können. Die Schauspieler machen ihre Sache gut bis sehr gut, und David Kross könnte ein großer werden, denn er gibt eigentlich immer das Bild ab, das am besten in einem Moment passt, Kate Winslet ist auch gut, aber nicht unbedingt Oscar-gut, hier gibt es wahrscheinlich wieder mal einen kleinen „3. Reich-Film“-Bonus. Und Ralph Fiennes? Der geht total unter, verhakt sich im steinernen Aus-der-Wäsche-Gucken, hat nur eine kleine brauchbare Szene mit der jüdischen Frau, die er in Amerika besucht – der Rest wirkt regelrecht unbeholfen und irgendwie aufgesetzt. Dafür sieht man einige sehr gute deutsche Schauspieler, was ja auch mal nett ist. Bruno Ganz als älterer Jura-Professor macht seine Sache natürlich auch gut, führt aber auch zu unfreiwilliger Komik, denn warum spricht dieser Professor wie Hitler? – Ich werde Bruno Ganz vermutlich nie wieder hören können, ohne an „Der Untergang“ zu denken …
Beim Vorleser hat man versucht, ein bisschen Rahmenhandlung einzubauen, damit die dramaturgischen Schwächen der Vorlage abgefedert werden, aber diese Rahmenhandlung bleibt gegenüber der eigentlichen Handlung so schwach, dass das auch nicht so wirklich funktioniert. Und so holpert es hier und da in diesem Film, der sogar ein bisschen trocken wird, als es in den Gerichtssaal geht – übrigens eine Parallele zum Buch.
Was diesem Film völlig abgeht, ist auch nur die kleinste Prise Humor. Trotz der vor Leben strotzenden Bilder erdrückt der bleierne Ernst den Film und wenn dann die schwermütige Musik während des Abspanns läuft, steht man kurz vorm Suizid. Hier hat man einfach alles und vor allem sich selbst so ernst genommen, dass dem Film letztlich ein wenig das Leben fehlt.
Kein herausgeworfenes Kinogeld, und sicherlich ein Film, dessen Bilder nachwirken, aber so richtig funktioniert er nicht …