Blog-Archive

Über Pornografie

Ja, ich mach mir über sinnvolle und weniger sinnvolle Sachen Gedanken, ich weiß, und Pornografie ist nach landläufiger Ansicht wenig sinnvoll. Nun ja, ich bin ledig und habe Hormone, also muss ich gewisse angestaute Energien auch schon mal abbauen, und selten, früher war das häufiger, nutze ich dafür auch mal Pornografie.

Irgendwann in dieser Woche gab es einen Bericht über den Niedergang der Pornobranche, über immer weniger Filme, die verkauft würden – inzwischen ist dieser Markt fast vollständig im Internet zu Hause, man kann schon mit wenig Aufwand dort Geld verdienen, wenn man keine Scham hat und diese aber zeigt.

Naja, so spannend fand ich den Bericht jetzt nicht, aber es war eine Spielszene aus einem Amateurporno zu sehen, und die hat mich zum Denken gebracht. Natürlich war sie schlecht gespielt, dass ist ja eigentlich Tradition in der Pornografie, aber gar nicht außergewöhnlich schlecht gespielt, nur normal schlecht – ich hätte innerhalb von fünf Minuten den Dialog besser schreiben können und ihn auch mit den Darstellern so einproben, dass es echt gewirkt hätte – und in der Sendung klang das so, als ob das am Amateurstatus der Darsteller gelegen hätte …

Hm, also erst mal verdienten die Leute da Geld mit dem was sie taten, also sind sie keine Amateure, die das nur zum Spaß machen und weil sie die Kunstform so lieben, das sind Profis. Nun, ich habe keine sehr große Pornoerfahrung, aber ich habe auch keinen noch so professionellen Porno gesehen, in dem große Schauspielkunst geliefert wurde, nur wenige waren besser als die Laiendarsteller (auch nicht Amateure, denn das hat mit Liebhaberei ja so gar nichts zu tun) in diesen schrecklichen Billigserien K11 oder Niedrig & Kuhnt (ja, niedrig kommt ganz gut hin).

Pornografie ist voll von schlechtem Schauspiel, man sieht so viel Sex wie schlechtes Schauspiel – genau deswegen bediene ich mich eher ungern dieses Mittels, ich komm mit der Ästhetik einfach nicht klar.

Und dann habe ich mich gefragt, warum das so ist, warum in Pornografie so schlecht gespielt wird – wenn doch kurz auf das Spiel folgend etwas wirklich gemacht wird, was Schauspieler dann doch vermeiden und faken. Dustin Hoffman hat vor Rainman monatelang mit Autisten zusammen gelebt, um das möglichst echt zu spielen – Pornodarsteller haben dieses Problem nicht, sie vögeln wirklich. Eigentlich eine gute Vorraussetzung, um auch sonst gut zu spielen. Jetzt könnte man natürlich glauben, es  läge daran, dass alle, die Pornos machen, automatisch schlechte Schauspieler sind – da glaube ich aus Prinzip nicht dran, habe ich doch schon große Mengen schlechter Schauspieler gesehen, die richtig eingesetzt, gute Leistungen erbracht haben, und außerdem schlummern in viel mehr Leuten schauspielerische Talente, als man das landläufig so meint.

Man könnte auch meinen, na ja, das liegt halt daran, dass sich in Pornos niemand Mühe gibt – sorry, aber auch das ist Blödsinn, es gibt doch diese alten Hochglanzpornos, vor allem aus den USA, die viel technisches Know-How und edelstes Ambiente zeigten … und sauschlechtes Schauspiel – meistens besser als in Gerichtsshows und bei K11 aber immer noch ziemlich barbarisch. Mühe gab man sich da schon, aber es half nichts.

Ich denke, es gibt zwei Gründe, auf der einen Seite den Inhalt, und auf der anderen Seite die Notwendigkeit, sich bei der Schauspielerei zu öffnen. Inhaltlich ist das ganz einfach, es gibt einfach keinen relevanten Inhalt bei einem Porno, der ist ja dafür gemacht, möglichst wenig Inhalt zu haben, dafür aber viele primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale und alles mögliche, was man mit denen machen kann. Natürlich beißt es sich auch, so lange Pornografie von den meisten Menschen als widerlich und unsinnig verstanden wird, eine bloße Befriedigung für die Massen, ähnlich verwerflich wie illegale Drogen oder ein Besuch im Puff. So lange können Pornos mit Inhalt nicht weit kommen, weil naturgemäß der (Schleim-)Hautanteil zu gering ist.

Alle Versuche, Inhalt in die Pornos zu bringen, war aber auch in so weit zum Scheitern verurteilt, wie man dann ja in Richtung Spielfilm geht, aber der Spielfilm ist der Roman unter den Filmen, das ist gleich so viel Inhalt, dass einfach keine Zeit mehr fürs Poppen bleibt – natürlich gibt es ein paar Kunstfilme die eigentlich Pornos sind, das heißt, maximale Hautquote zeigen, aber die firmieren eben wieder nicht als Pornos – ich hab ja Antichrist nicht gesehen, aber nach allem, was man davon hörte … ich schweife ab.

Würde man Pornofilme und –filmchen – denn im Internet sind keine neunzig Minuten gefragt – als eine Kunstform sehen, dann müsste man ihr Ziel sehen und verfolgen. Das Ziel von Pornografie dürfte dann allerdings auch nicht die schnelle Triebbefriedigung sein, sondern die Erregung von Erregung. Davon, dass man irgendwelche gynäkologisch interessanten Großaufnahmen sieht, wird doch niemand ernsthaft leidenschaftlich – alles, was diese Aufnahmen können, kann man auch durch Viagra erreichen oder eine liebevolle Hand. Aber was wäre, wenn da Leute wirklich – gut gespielt – über einander her fielen, sich die Seele aus dem Leib vögelten – wäre das nicht auch für ein breiteres Publikum interessanter – oder würde man davor schockiert zurückweichen, weil man so viel Sex nicht verträgt, weil so viel Leidenschaft nur Eifersucht erregt, und nicht Erregung?

Auf jeden Fall scheint mir mehr Inhalt, als der einer Kurzgeschichte, in einem Pornofilm nicht transportierbar – aber so viel Inhalt wäre sicher machbar, kleine Filme die in Echtzeit spielen, und in denen Leute Sex haben, das könnte durchaus interessant sein, wenn die Darsteller nicht den langweiligsten Sex ihres Lebens spielen – wobei der vermutlich schon wieder enorm viel Humorpotential haben dürfte.

Aber es gibt da ja noch ein anderes Problem. Die Schauspielerei selbst. Die nämlich erfordert, dass man nicht in Wirklichkeit sondern übertragen die Hosen runterlässt – und das muss in einer Situation, in der man nichts an hat und im Scheinwerferlicht an andere Menschen geschlechtlich angedockt ist, schwieriger sein, als wenn man normalerweise auf einer Bühne oder vor einer Kamera steht. Seine echte Leidenschaft vor dem Publikum ausbreiten und nicht das, was die Pornowelt üblicherweise dafür hält? Das ist nicht einfach. Ohne diese ganzen lasziven Manierismen, die Frauen üblicherweise zu dummen und willigen Gummipuppen stilisiert, oder die bräsigen Machosprüche, die aus Männern Hornochsen machen – ja, das Horn ist Fakt, der Ochse aber auch. Aber ohne dieses Programm einen Porno machen? Erst Hupen drücken, dann Frau dockt oral an, in manchen Fällen sind wir ja sogar so emanzipiert, dass der Mann dann den Wühler macht, und dann wird in drei Positionen gevögelt, die Frau simuliert einen kleinen Höhepunkt – üblicherweise nicht zu wild – und am Ende zieht der Mann raus, um zu zeigen, dass er wirklich was verspritzen kann – Herzlichen Glückwunsch! -, aber das können fast alle Männer … I am not impressed!

(Ich bin mir nicht sicher, ob das Programm sich inzwischen nicht etwas geändert hat, die letzten ausgeliehenen DVDs sind schon ein bisschen her – aber es waren schon DVDs.)

Also Porno ohne die Manierismen, ohne ein zu erfüllendes Programm, ohne Stellungen, die so gewählt werden, dass man möglichst viel sieht, und deswegen, weil alles andere weg ist, muss dann auch das Spiel gut sein, echt sein – dann könnte Pornografie sogar eine echt nette Sache sein.

Übrigens, wo ich gerade darüber nachdenke, komme ich irgendwie darauf, dass die Pornografie die letzte dramatische Kunst ist, in der noch solche Manierismen vorherrschen, wir sind da noch genauso in der Steinzeit wie die Comedia dell’Arte oder die chinesische Oper – sogar das Musical hat ein paar herrliche Abweichungen von seinen Manierismen geschafft.

Würde eine solche neue Pornografie etwas ändern – ich glaube ja, ich glaube, dass eine Pornografie, die nicht in billigen Klischees festsitzt und mit Kreativität vögelt, die ganze Branche normalisieren würde. Auf der einen Seite ist ja eine große Demokratisierung durch die Pornografie gegangen, und die sogenannte „Amateur“-Richtung hat die ganze Branche völlig durcheinandergewürfelt, das Internet hat die Wege völlig verändert – und dennoch keineswegs den Umsatz geschmälert, nur in andere Kassen gespült. Aber letztlich bleibt es eine verschrieene Sache, von der man sich fernhält, wenn man einen gewissen Bildungshorizont hat – oder von der man sich zumindest offiziell fernhält. Ich glaube, dass trotz dieser Schwemme von Pornografie, „gute“ – also gut gespielte und mit ein wenig Inhalt versehene – Pornografie sogar immer noch Sprengkraft hätte.

Konsequenzen? Nein, keine, natürlich nicht, ist nicht meine Richtung. Und ich werde nicht so von meiner Hose regiert, dass ich einen Traum davon hätte, ausgerechnet Pornoregisseur zu werden …

Aufgeschnappt und weitergeplärrt IV:

„Es ist die Aufgabe des Autors, das Stück interessant zu machen. Es ist die Aufgabe des Schauspielers, die Darstellung wahrhaftig zu machen.“
Aus „Richtig und Falsch“ von David Mamet

Maia im Fieber – Premiere

Also: „Maia im Fieber“ ist ein Theaterstück, dass ich geschrieben habe und das am Freitag Premiere hatte. Sechs junge Damen und ein junger Herr haben ihr Bestes gegeben, das umzusetzen, was sich mein „krankes Hirn“ (Zitat vom Chef) so ausgedacht hat. Tja, und was soll ich sagen, bisher waren alle voll des Lobes … versteh ich gar nicht …

Ich hab wohl so literarisch gearbeitet, wie noch nie, also sehr viele Hinterbedeutungen eingebaut, viele Anspielungen, sogar Insider, die bisher nicht funktioniert haben, weil die Freunde, die diese Insider kennen, bisher noch keinen Grund gesehen haben, auch mal ins Theater zu kommen.

Dazu haben einige der jungen Herrschaften auch noch richtig gut gespielt, das Bühnenbild ist genauso effektvoll, wie ich mir das vorgestellt hab – „sehr effektiv“ meinte der Chef … wenn jetzt noch mehr als zwanzig Zuschauer pro Vorstellung kämen, könnte man direkt zufrieden sein.

Gestern wurde es dann noch schöner, weil eine zweite Vorstellung seltsamerweise mal besser war, als die Premiere, auch wenn hier und da ein bisschen gehetzt wurde – man, das Stück ist doch eh recht kurz. Und gestern war auch noch eine Schreiberin der Lokalzeitung da – juhuuuu, wir werden nicht ignoriert – was aber dem Stück nicht mehr helfen wird, weil wir ja nur noch heute Nachmittag spielen. Immerhin sind wir angefragt worden, ob wir das Stück auch vor Schülern spielen würden … wenn das technisch möglich ist, werden wir uns da dran machen, ist doch klar …

Schade ist wie immer nur, dass man ein Stück schreibt, ein halbes Jahr daran herumprobt, und nach einem Wochenende wieder alles vorbei ist … andererseits habe ich vor wenigen Wochen noch ganz anders gesprochen, da klang es eher nach: Gut, wenn das endlich vorbei ist. Aber so ist das mit Darstellern im Alter zwischen 14 und 16 Jahren, die nehmen das immer erst in der letzten Woche ernst … schade eigentlich, man hätte noch eine Menge mehr rausholen können.