Avantgarde und populäre Kunst

So, ein neues Jahr beginnt, und ich denke mal wieder nach, schließlich heißt mein Blog so. Also, es geht um Avantgarde und populäre Kunst – es gibt noch einen dritten Teil der Kultur, leider den oft erfolgreichen Bereich des schlechten Unterhaltungsmists, des schlechten Kitschs und der verdummenden Geistesleere, die sich glücklicherweise eigentlich auch nie Kunst schimpft, aber eben erfolgreicher ist, als es für die Zivilisation gut ist.

Schauen wir doch erst mal, was ich mit Avantgarde meine,  Begriffsklärung ist angesagt. Avantgarde ist der Teil der Kunst und Kultur, der sich dadurch legitimiert, dass er immer etwas Neues macht. Manche meinen, dass Avantgarde heute eigentlich gar nicht mehr machbar ist, weil seit irgendwann in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts alles schon ausprobiert wurde. In der Musik gab es Stille, und auf der anderen Seite Krach in so ziemlich jeglicher Variation. Im Theater wurde alles zerlegt, neu strukturiert, gar nichts strukturiert, alle Grenzen niedergerissen, alle möglichen Medien ins Spiel eingebaut, das Publikum beschimpft, Fäkalien und Sex vorgeführt – in den anderen Künsten sieht es größtenteils genauso aus, allenfalls im Film ist die Avantgarde immer recht brav geblieben, wahrscheinlich weil diese Kunst ja die jüngste ist. Und doch, immer wieder gibt es Künstler, die völlig neue Ideen entwickeln, immer weiter experimentieren, sicherlich oft im Dunkeln tappen und nur sehr selten große Kunst schaffen, aber immer wieder Momente erreichen, die wirklich neu sind, und nicht nur neu scheinen.

Die populäre Kunst, die ich der Avantgarde ein wenig gegenüberstellen möchte, hat viel mit Unterhaltung zu tun, denn natürlich ist die Avantgarde nur selten wirklich unterhaltend, und mehr eine Kunst für Künstler, als eine Kunst für alle Menschen. Die populäre Kunst muss einen bestimmten Schritt schaffen, den Schritt wirklich gut zu unterhalten und dabei einen großen künstlerischen Anspruch zu behalten. Viele, der  wirklich erfolgreichen Filme, Songs und was alles noch dazu gehört, schaffen diesen Schritt. Natürlich  sind erfolgreiche Regisseure wie Steven Spielberg und James Cameron nur selten wirkliche Neuerer des Films, aber sie verbinden große handwerkliche Fertigkeit mit einem klaren künstlerischen Anspruch – also meistens. Und auch Tänzer und Musiker schaffen es selten, Michael Jackson – kurzer Gedächtnisseufzer – seine künstlerische Qualität abzusprechen. Worauf will ich hinaus? Was ist denn jetzt populäre Kunst – ich wusste schon, bevor ich diesen Artikel angefangen habe, dass es nicht so einfach sein wird – eigentlich? Populäre Kunst verbindet den ganzen Werkzeugkasten der Kunst mit dem Anspruch, das Publikum auch intellektuell, aber vor allem emotional zu fordern. Sie muss den künstlerischen Anspruch haben, wichtige Themen immer wieder neu zu bearbeiten, und darf nie zum Selbstzweck verkommen, muss dem Rezipienten immer eine wichtige Stellung in der Kunst einräumen.

Beide Formen der Kunst und ihre vielen Mischformen haben eine große Wichtigkeit für die Gesamtkultur. Beide Seiten können sich wunderbar ergänzen und befruchten – letztlich sollte sich jeder Künstler zumindest als Rezipient hin und wieder der Avantgarde widmen, man darf ja nie aus den Augen verlieren, dass man auch immer Inspiration braucht. Letztlich werden viele Werkzeuge der Kunst nun mal in der Avantgarde entwickelt, Sachen, die vor dreißig Jahren noch neu waren, müssen heute zum ganz normalen Handwerk gehören, wer darauf verzichtet, macht sich arm, wer nur die Avantgarde der Vergangenheit nachahmt ist arm.

Aber es gibt auch eine Menge Probleme. Da wäre einerseits der Unterhaltungsmist. Der ist natürlich ein großes Problem. Ich denke, es ist nicht nötig, sich über die Qualität des Fernsehens auszulassen, darüber zu reden, dass auf einer Kompilation von Apres-Ski-Hits vermutlich keine Kunst zu finden ist, ich denke, es ist zu verstehen, worauf ich hinaus will. Die geistige Leere ist ein Problem, diese Formen der Kunstimitate sind deswegen ein Problem, weil sie die Menschen dumm halten, weil sie die Gehirne verkleben. Vermutlich wird kaum jemand, der diesen Blog liest, ja, der so weit in diesen Artikel vorgedrungen ist, für diesen ganzen Mist besonders anfällig sein. Andererseits finde ich es bedenklich, wenn auch gebildete Menschen die Biographie von Frau Katzenberger aufzählen können, man kann da nicht vorsichtig genug sein.

Aber auch in der Kunst gibt es Probleme, natürlich. Alle Unterteilungen in E- und U-Kunst sind ein Problem. Alle Verurteilungen populärer Kunst sind ein Problem, die vielen krampfhaften Versuche Avantgarde sein zu wollen, ohne dass man eine fundierte Basis hat, die gewollten Provokationen, die einfach keine künstlerische Grundlage mehr haben. Vielleicht, aber das ist eine wirklich haarige Sache und nicht so einfach im Vorübergehen zu beurteilen, ist hier und da auch die Übersubventionierung einiger Künste in Europa ein Problem. Vielfach wirkt es so, als ob Künstler ihre Honorare durch scheinbare Avantgarde rechtfertigen wollen, aber doch eigentlich nur die Avantgarde von früher nachhecheln.

Nein, jetzt bitte kein Fazit verlangen, aber wer eines hat, darf es gerne in die Kommentare schreiben. Ich würde mich selbst „natürlich“ der populären Kunst zuordnen, das ist, was ich erreichen will, daran lass ich mich messen.  Nein, ich habe immer noch keinen guten Schluss, muss so reichen.

Über Hollarius

Ich bin in den Siebzigern geboren, halte mich voll Hybris für einen Künstler und meine auch noch, alle müssten lesen, was ich so meine ...

Veröffentlicht am Januar 1, 2011 in Gesellschaft, Kultur, Kunst, Musik, Theater und mit , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.

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