Archiv für den Monat Mai 2011
Quick – Was soll die Party?
Osama Bin Laden ist nun also – eventuelll – erschossen worden. Eventuelle Beweise dafür sind vernichtet, gegen islamische Grundsätze im Meer bestattet, oder vielleicht auch einfach aus dem Hubschrauber geworfen, wer weiß das schon. Mir persönlich ist das egal, also ob ein Gebet oder ein Ritus durchgeführt wurde, leere Worte sind das ja nun mal immer, egal aus welcher Religion diese Worte stammen.
Auch sonst ist es jetzt für mein Leben nicht weiter wichtig, ob ein gewisser saudischer Mudschaheddin – so nannte man die afghanischen Kämpfer, die Bin Laden mit amerikanischem Geld angeworben hat, um gegen die damalige UdSSR in den Krieg zu ziehen – lebt oder nicht. Mir hat der Mann nichts getan, und zumindest, ob er beim Zeitenwendepunkt 9/11 seine Fingerchen im Spiel hatte, ist keinesfalls bewiesen. Was interesiert mich ein Typ, der in Pakistan lebt? Er hat auf mein Leben keine Auswirkung, also lässt mich das erstmal kalt.
Aber ich muss zugeben, dass es mich nicht kalt lässt, ob man sich darüber freut, oder nicht. Wenn die ja nun mal leider extrem unaufgeklärten Amerikaner feiern, dann habe ich ein bisschen Mitleid und freue mich, dass mir mehr Wissen gegeben wurde. Aber ich muss zugeben, wenn Frau Merkel und Herr Seehofer Freude ausdrücken, dann kann doch irgendwas nicht mit deren rechtsstaatlichem Denken stimmen, oder? Also abgesehen davon, dass Todesstrafe nach allen ethischen Maßstäben gar nicht geht – Entschuldigung, haben wir irgendwie im Ethikunterricht geschwänzt? -, abgesehen davon, dass es nie ein Feiergrund sein darf, wenn jemand erschossen wird, da ist jemand OHNE ein Gerichtsverfahren hingerichtet worden – nennt man es so, dann ist es Lynchjustiz -, man könnte auch sagen, man hat Leute dafür bezahlt und trainiert, einen Menschen aus Rache umzubringen – Mord(?). Und das macht Freude und Erleichterung, werte Regierung? Na, Glückwunsch!
Bin Laden war ein Terrorist, ein religiöser Fanatiker, jemand der für abstruse Ziele kämpfte, aber er war ein Mensch, und Menschen verdienen es nicht, einfach so erschossen zu werden. Kein Mensch verdient es, selbst ein Mörder und Terrorist nicht, und wir sind hier bei weitem nicht im Bereich von Tyrannenmord, wie sich zum Beispiel ein Kommentator des Kölner Stadtanzeigers ausließ und sich damit völlig disqualifizierte: Da wird ein Mittel, das ganz sicher gegen Hitler angebracht gewesen wäre, weil es aktiv dazu beigetragen hätte, Tausende Leben zu retten, damit verglichen, dass jemand, der seit Jahren kein Macht mehr hat, außer vielleicht der Macht ein Idol für religiöse Idioten zu sein, einfach hingerichtet wird, obwohl es möglich gewesen wäre, ihn einfach mitzunehmen.
Inzwischen berichtet Spiegel online, dass die amerikanische Regierung berichtigt hat, und nun sagt, dass Osama Bin Laden unbewaffnet war, er habe sich dennoch gewehrt, und sei deswegen in einem Schusswechsel – ja, das ist unlogisch, aber eventuell mit schießenden Leibwächtern zu erklären – umgekommen sei. Kurze Nachfrage: Gibt es nicht jede Menge Waffen, die Menschen unglaublich schnell und wirksam umhauen, ohne sie umzubringen? Wäre es wirklich hochausgerüsteten Elitesoldaten nicht möglich gewesen, diesen alten Mann zu betäuben, in den Hubschrauber zu packen und mitzunehmen? Das schaffen Navy Seals nicht? Meine Güte, das würde ich sogar Sondereinsatzkräften der Bundeswehr zutrauen. Entweder die amerikanischen Soldaten sind unfähig, oder sie wollten Bin Laden nur erschießen und sonst nichts. Warum klingt mir Tucholsky im Hinterkopf?
Das irgendwer davon spricht, dass es freut, dass Osama Bin Laden nun wohl erschossen worden ist, dann tut mir dieser Mensch leid, denn ganz offenkundig ist hier weder die Aufklärung angekommen, noch so etwas wie ein Gefühl für Ethik, für Rechtsstaatlichkeit oder Gerechtigkeit.