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Warum VDS nur ein Symptom ist

Ich habe es ein bisschen sacken lassen, aber so ganz in Ruhe kann ich das Thema nicht lassen. Die SPD hat am Wochenende mehrheitlich der Vorratsdatenspeicherung (VDS) zugestimmt. Das ist schlecht, denn die VDS ist eine Möglichkeit der Überwachung, die schlicht einen schweren Einbruch in die Privatsphäre bedeutet. Also ist die SPD jetzt das ausgesprochen Böse? Ach je, ich würde da gerne ein bisschen differenzieren.

Also erstens ist das abgrundtief Böse ja prinzipiell die CDU und alles rechts von ihr. Und zwar, weil sie böse Sachen tun, nicht aus Vorurteil. Dazu gehört es, dass die CDU mit ihrer Macht den Druck auf die SPD so erhöht hat, dass man sich dort jeglichen Gedanken an Grundrechte mal wieder aus dem Kopf geschlagen hat. Der Kopf der Schlange sitzt in der CDU-Zentrale, oder da, wo man von der CDU aus denken lässt.

Die SPD versagt mehrfach. Denn obwohl es eine parlamentarische Mehrheit für eine bessere Politik ohne TTIP und VDS gibt, gibt es weder eine solche Regierung, noch auch nur wechselnde Bündnisse. Ein höherer Mindestlohn wäre drin, eine Streichung der Hartz4-Sanktionen und so viel anderes, was eine Mindestanforderung für eine bessere und verantwortungsvollere Politik wäre. Dass die SPD das nicht macht, ist nicht weniger als eine Bankrotterklärung. Und der einzige Schluss daraus kann nur sein, dass das Ziel sein muss, dass die große Koalition keine Mehrheit mehr haben darf. Die SPD interessiert sich einfach nicht genug für Menschen und ihr Wahlprogramm. Und die CDU hat noch nie etwas für Menschen gemacht.

Ist VDS nun der Untergang des Abendlandes? Nein. Aber ein weiterer Schritt zum Polizeistaat. Das Problem ist ja umfassender: Alle daten, die gesammelt werden, sind Macht und geben Macht. Ich für meinen Teil, mag ja Machtstrukturen nicht so sehr. Ich finde, je weniger Herrschaft und Macht es gibt, desto besser geht es uns allen. Durch die Datensammelei und Bespitzelung, die ja viel weiter geht, als nur die Speicherung von Metadaten, um die es bei der VDS geht, sind wir alle verdächtig, können Opfer von Algorithmen werden – und da gibt es bei aller Begeisterung, die ich für Technik empfinde, ja auch ein Problem: Computer sind doof. Selbst wenn die VDS und die ganze andere Bespitzelung, die erlaubter oder unerlaubter Weise passiert, nur für die Verfolgung schwerer Straftaten genutzt würde, würden viele von Algorithmen überführt, Dinge getan zu haben, die sie noch nicht mal geträumt haben. Aber das geht ja noch weiter. Wann immer der Staat und der Kapitalismus Macht in die Hände gespielt bekommt, wird diese Macht unweigerlich  auch missbraucht. Ist quasi ein Naturgesetz. Deswegen geht VDS nicht. Aber vieles andere eben auch nicht. Deswegen muss man Macht überall auf die Finger sehen.

VDS wird die meisten von uns nicht weiter tangieren. Die meisten von uns werden nie bemerken, dass es sie gibt. Aber manche schon und es wird Missbrauch geben. Die Welt geht nicht heute unter, aber der Abgrund kommt näher.

Ach so, ich hätte es fast vergessen: Nein, VDS bringt keine Sicherheit. Dass der Schrei nach VDS laut wurde, nachdem in Frankreich, wo es sie gibt, sehr erfolgreich widerliche Anschläge begangen wurden, ist so unglaublich bescheuert, dass es weh tut. Kein Kabarettist würde sich auf das Niveau herablassen, so eine Geschichte zu konstruieren. Zu unglaubwürdig. Aber unsere Regierung ist halt noch unglaubwürdiger. Die sind eigentlich auch unzurechnungsfähig und speziell die Innenpolitiker von CDU und SPD hätten vermutlich Schwierigkeiten, nicht unter Betreuung gestellt zu werden, wenn ihre Zurechnungsfähigkeit prüfen würde – Paranoia kann schlimme Züge annehmen.

Eine orangene Kleinpartei, deren Mitgliedsausweis ich noch in meinem Portemonnaie herumtrage, hat sich natürlich gehörig empört. Vor allem die Angriffe auf die SPD waren Legion. Und diese Empörung wird natürlich nichts ausrichten. Sie macht die Partei ebenso natürlich auch nicht relevanter, als sie in den letzten zwei Jahren je war. Weil es nun mal nichts bringt, sich zu empören. Es wird auch keine Wählerstimmen bringen. Und warum? Weil es ja keine Alternative gibt. In der ganzen Diskussion gibt es eine Sache, mit der die Regierung durchaus recht hat: Es gibt mehr technische Möglichkeiten der Kommunikation – man ist ja überrascht, dass sie es gemerkt haben – und mit mehr Möglichkeiten der Kommunikation gibt es auch mehr Möglichkeiten, diese kriminell auszunutzen. Natürlich kann man da mit VDS nichts gegen tun, aber man kann den Menschen mehr Sicherheit damit vorgaukeln, und nebenbei auch noch Macht aufbauen, das findet natürlich jede Regierung gut. Die Aufgabe für alle, die VDS gerechtfertigt ablehnen, sollte es sein, Ideen zu entwickeln, wie man denn Kriminalität und meinetwegen auch Terror denn begegnen kann. Dafür braucht es meiner Meinung nach mehr als Empörung, nämlich ein grundsätzliches Hinterfragen unserer Begriffe von Rechtmäßigkeit und Verbrechen, ein grundsätzliches Hinterfragen von Besitz und Wachstum. Relevanz käme nur durch politische Vision. Wie schade, dass ich das nur noch im Konjunktiv schreiben kann.

Quick – Antideutsch!

Holy Shit, dieser Begriff kursiert immer noch bei einer marginalen orangenen Partei, deren Mitglied ich irgendwie immer noch bin. Und er wird die meiste Zeit völlig falsch verwendet. Mir ist, gerade in den letzten Tagen wieder, ebenfalls vorgeworfen worden, ich wäre antideutsch, und würde Deutsche „rassistisch“ verfolgen. Ja, das ist lächerlich, weil umgekehrter Rassismus nicht geht, weil ich selbst nach rassistischen Ideen sehr deutsch bin – und mir aber der damit einhergehenden Privilegien bewusst, weil Rassismus bedeuten würde, dass man andere „Rassen“ überlegen fände. Was natürlich auch Schwachsinn ist, da ich die Grundidee von Rassen gar nicht wirklich verstehe und sie nicht zu meinem Weltbild gehört.

Wieso werden so abstruse Vorwürfe erhoben? Zum Beispiel, weil manche Antifaschisten das Wort „Kartoffel“ als Schimpfwort nutzen. Ich mach das nicht so häufig, da ich nicht im Antifa e.V. organisiert bin – sry, konnte mir den Gag nicht verkneifen – und er für mich immer noch relativ neu ist. In diesem Tweet „Wie nennt man eigentlich die Polizeihundertschaften, die Naziaufmärsche verteidigen? Kartoffelpuffer?“ habe ich die Metapher benutzt, und zwar so, wie man ihn eigentlich immer benutzt: Um Nazis und sonstige rechte und nationalistisch ausgerichtete Deutsche zu bezeichnen. Im Eifer des Gefechtes, das gebe ich gerne zu, wird schnell mal jeder Gegner der Antifa zur Kartoffel – aber wer sich als Gegner des Antifaschismus zu erkennen gibt, hat ja üblicherweise Gründe dafür, und ich kann verstehen, dass manche – speziell die, die Tag für Tag gegen Nazis arbeiten – keinen Bock haben, zu differenzieren, ob da jemand einfach nur die Verschwörungstheorie von den bösen gewaltbereiten Antifas den Rechten nachfaselt, oder ob da wirklich ein Faschist am anderen Ende sitzt. Leute, wenn ihr ein Problem mit Antifaschismus habt, dann ist der Schluss, dass ihr viel weniger Probleme mit dem Faschismus habt, so ins Auge springend, dass die Beweislast nicht bei denen liegt, die euch „Kartoffeln“ nennen! Und ein letztes Mal, nein, nach allen Definitionen des Rassismus ist das kein Rassismus.

Ja, ich habe gehört, dass es Neurechte geben soll, die sich selbst als Antideutsche bezeichnen und immer zu 120 Prozent mit allem solidarisch sind, was Israel macht, was die USA machen und den Kapitalismus in all seiner Pracht verteidigen, weil jegliche Kapitalismuskritik immer antisemitisch sei. Es mag solche Menschen geben, ich halte sie für Sektierer und ich kenne keinen. (EDIT: Wer es immer noch nicht verstanden hat: Ich halte diese Form von „Antideutschen“ für eher hypothetisch. Ich kann sie nicht ausschließen, aber ich wenn es sie geben sollte, ist mir noch keiner untergekommen.) Diejenigen, die als Antideutsche beschimpft werden und – inzwischen zumeist ehemalige – Piraten sind, gehören nicht dazu. ich sehe da niemanden, der so undifferenziert und politisch blind durch die Welt geht.

Es gibt hingegen einige, die radikale religiös fundamentale Organisationen, wie die Hamas entschieden ablehnen – mach ich auch, weil ich auch religiösen Faschismus zutiefst verabscheuungswürdig halte. Das hindert mich aber auch nicht daran, dass ich vieles, was in den letzten Jahrzehnten von meist rechten israelischen Regierungen fabriziert wurde, sehr kritisch sehe. Wie mein lieber und wunderbarer Podcastpartner @ThoroughT immer so unnachahmlich stilsicher sagt, man muss häufig fähig sein, beide Seiten scheiße zu finden.

(Edit: hier ist ein für die Aussage des Textes irrelevanter und missverständlicher Satz gelöscht. ) Wer dem Staat Israel seine Rechtmäßigkeit abspricht, macht das fast garantiert aus antisemitischen Gründen.

Die Parole „Nie wieder Deutschland!“ unterschreibe ich. Weil ich mich immer wieder, und gerade in letzter Zeit mit Nazideutschland auseinandersetze, weil ich die destruktive momentane deutsche Außenpolitik sehe. Weil ich darüber heulen will, dass wieder Flüchtlingsheime brennen, dass Synagogen von Polizisten geschützt werden müssen, dass Menschen mit anderen Hautfarben oder mit Kippa oder auch nur mit alternativem Aussehen in manchen Teilen dieses Landes nicht mehr sicher über die Straße gehen können. „Nie wieder Deutschland!“ war 1990 noch linker Konsens. Und er ist es für mich noch. Es haben sich halt nur manche aus dem linken Spektrum verabschiedet.

Ich brech an dieser Stelle ab, auch weil ich eigentlich vor einem Jahr schon gesagt habe, dass mich diese Diskussionen ermüden. Ich rede hier über Selbstverständlichkeiten. Warum muss ich das immer noch?

PS. Sorry für durchgehend männliches Gendern, der Text ist schnell  entstanden, für geschlechtergerechtere Sprache fehlt mir die Zeit.

Quick – Eine Umfrage

Ich bin ein emotionaler Mensch. Das tut mir leid. Ich hänge mein Herz an Sachen. Auch das tut mir leid.

Das wollte ich gesagt haben, bevor jetzt wieder wer sagt: och, was bist du auch noch in dieser Partei, was schaust du auch in Umfragen, ist doch alles nicht gut für den Blutdruck. Ja, ich weiß das alles. Aber der eigentliche innere Austritt, den ich ja schon vollzogen wähnte, scheint einfach nicht im Herzen angekommen zu sein, in dem ich ja eigentlich schon immer Pirat war.

Back to topic: Ich habe keine Ahnung, wer im Bundesvorstand der Piraten auf die glorreiche Idee gekommen ist, per Lime Survey die politische Ausrichtung der nächsten Wahlkämpfe abfragen zu wollen. Ich würde an deren Stelle mal in Grundsatz- und Wahlprogramme schauen, da gibt es eine Menge Stoff, mit dem man was anfangen könnte. Ist ja auch egal. Auf jeden Fall kam eine Umfrage an, deren suggestiven Impetus man kaum leugnen kann. Auf Deutsch: Die Umfrage will in eine Richtung beantwortet werden, sie stößt jeden, der nicht aufpasst in eine vom Vorstand wohl gewünschte Richtung. Manipulation pur – aber dann auch noch schlecht gemacht. Ich werde mich jetzt nicht damit aufhalten, die ganze Umfrage durchzugehen. Dafür ist mir meine Zeit zu wichtig. Aber ich hänge verdammt noch mal immer noch so sehr an dieser Partei, dass ich meine fresse nicht halten kann. Also, bitte, hier, die Beispiele:

„Was war das wesentliche Thema, das Dich dazu bewogen hat, in die Piratenpartei einzutreten?“

Es ist nur eine Antwort auszuwählen. Einstmals wichtige Schlagworte wie „Mitmachpartei“ – wie sinnvoll oder nicht dieses Schlagwort auch jemals war – sind nicht dabei. einige Themen sind kompliziert umschrieben, andere quasi detailliert überschrieben. Offenbar uninteressante Themen wie „Umwelt“ oder „Landwirtschaft“ bekommen auch nur dieses eine Wort, das Urheberrecht bekommt den Terminus „Urheberrecht und nicht-kommerzielle Vervielfältigung“ – das ist also für alle, die einfach weiter schwarz alles saugen wollten -, aber ein Stichwort, ein Alleinstellungsmerkmal, das, wie wir alle wissen, dem Herrn Bundesvorsitzenden noch nie behagte, also „BGE“ taucht gar nicht erst auf. Ist für viele ein elementarer Punkt, wird aber unter „Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe“ versteckt. Kreuzt das bloß nicht an, der BuVo mag das nicht.

Es sollen verschiedene Aussagen bewertet werden, unter anderem:

Im politischen Kampf sind für uns PIRATEN selbst Straftaten ein zulässiges Mittel.

Was bitte? Was ist das denn für eine Frage? Selbstverständlich werden wir als Partei keine Straftaten begehen, um politisch irgendwas zu bewegen. Deswegen sind wir ja eine Partei. Man tritt einer Partei bei, um auf dem Weg durch die Institutionen etwas zu ändern. Das ist keine Frage. Das wurde auch nie anders von irgendwem behauptet. Warum also die Frage? Ganz einfach: Eine klare Verneinung wird sofort als Abkehr von zum Beispiel der ach so gewaltbereiten Antifa gedeutet. Blockupy und andere Aktionisten müssen dann auch nicht mehr unterstützt werden, weil auf deren Demos hin und wieder die oft massive Gewalt der Polizei mit Gegengewalt beantwortet wird. Dabei hat das eine nichts mit dem anderen zu tun. Eine Partei wird sich so lange bemühen, auf legalem Weg etwas zu erreichen, bis die Gesetze nicht mehr tragbar sind. Da jedes KZ unserer Vorfahren nach den Gesetzen des damaligen deutschen Reichs legal waren, halte ich Legalität auch nicht wirklich für ein umfassendes Argument.

Beim Protest gegen Menschenrechtsverletzung ist jedes Mittel recht.

Jo, vieles, was ich gerade geschrieben habe, gilt auch hier. Was soll denn diese Frage? Natürlich ist nicht jedes Mittel recht. Wenn der Nachbar seine Kinder schlägt, darf ich ihn deswegen nicht erschießen – es sei denn, er ist kurz davor, sie umzubringen. Auch wenn an den Händen der europäischen Regierungschefinnen und -chefs unüberschaubar viel afrikanisches Blut klebt, ist eine größere Nagelbombe beim nächsten Gipfel nicht das Mittel der Wahl. Nein, es ist nicht „jedes Mittel“ recht, aber jedes angemessene. Denn wir wollten ja mal für die Rechte von Menschen einstehen. Also früher mal, damals, als ich es geil fand, Pirat zu sein. als ich mich noch nicht schämte …

Quick – Von politischem Mut und seiner Verschwendung

Nun, eigentlich will ich ja nicht mehr über Piraten bloggen, sondern mich auf relevantere Themen stürzen. Aber manchmal geht es eben nicht anders.

Gestern ging der Landesparteitag in meinem Heimatbundesland NRW zu Ende. Und zum ersten Mal, seit der allergrößte Teil der linken Vordenkenden aus der Partei geputscht wurde – solltet ihr euch an dieser Stelle über meine Formulierung aufregen, dann tut mir das nicht leid -, gab es sowas wie politische Risikofreudigkeit, als der LPT einen Antrag annahm, dessen handwerkliche Qualität sicherlich nicht brutal gut war, aber der ein Signal setzen könnte. Piraten laden Kinder zwischen zehn und *hüstel* 16 Jahren dazu ein, einfach auf den Landesparteitagen zu erscheinen und mit ihnen als vollwertige Piraten Politik zu machen. Hätte man jetzt einfach mal feiern können. Ich persönlich habe es gefeiert. Schöne Idee, nicht so schöne Umsetzung, aber die Idee zählt nun mal mehr und ich fühlte einen kleinen Schimmer von dem Gefühl, dass mich mal zum Eintritt in diese Partei bewegt hat.

Und dann explodierte das Netz. Und obwohl ein Parteitag das mit Zweidrittelmehrheit beschlossen hatte, schäumte das Internet hauptsächlich gegen diesen Beschluss, der auf dem LPT wohl mit Begeisterung aufgenommen wurde. Dabei gab es verschiedene Reaktionen, die letztlich ähnlich wirkten.Aus dem linken Bereich wurde einiges kritisiert, hier und da ging der Antrag nicht weit genug, oder wurde als wirkungslos bezeichnet, oder aber, und da war ich ehrlich gesagt ein bisschen viel verärgert, es wurde gefragt, ob man Kindern denn nicht ihre Kindheit gönne. Meine Fresse, ich gönne ja gerne allen alles Mögliche, aber es geht ja nicht um eine Zwangsverpflichtung von Kindern zur Politik, sondern um das Ermöglichen von Mitsprache von denen, denen wir willkürlich jedes Recht auf politische Mitsprache verweigern. Das „Jetzt müssen sich Kinder schon mit Politik beschäftigen“-Argument gab es übrigens schon mal fast genauso … Beim Frauenwahlrecht. Herzlichen Glückwunsch!

Aber viel härter war natürlich das sofortige Anspringen der Hetzer und Bedenkenträger. Die, die grundsätzlich alles, von Asylpolitik bis BGE, was mal von Parteitagen mit großer Mehrheit verabschiedet wurde, so lautstark bekämpft haben, dass sich niemand mehr getraut hat, diese guten Politikansätze offensiv zu verkaufen. Konservative, die nie zugelassen haben, dass die Piraten wirklich die Politik verkauft haben, die sie verabschiedet haben. Bedenkenträger, die nie politisch genug gedacht haben, um in einer Partei Politik zu machen und es allen anderen auch verderben müssen, weil sie keine Risiken und keine frische Ideen zulassen können. Die mäkeln nicht völlig zu Unrecht am Wortlaut herum, sehen das mögliche Signal nicht, oder nur mit Schrecken, und versuchen mit Mailfluten auf den Listen und mit dem Anrufend es Schiedsgerichtes unbedingt die Mehrheitsentscheidung des Parteitags zu zerstören, wie sie das schon mit einigen anderen Mehrheitsentscheidungen gemacht haben. Das ist normal, Demokratie ertragen sie nicht.

Ja, diese Partei ist kaputt. Und ja, jedes Fünkchen von Politik wird in dieser Partei kaputt gemacht. Und nein, Hoffnung gibt es keine mehr.

Von Jugendlichen, Folter und geschlosssenen Heimen

Seit ein paar Tagen ist mein Blutdruck erhöht, und der Grund dafür ist ein Artikel der taz . Was ist der Inhalt? Eine private GmbH betreibt geschlossene Jugendheime, in denen Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren verwahrt werden. Genauer gesagt, sie werden dort systematisch isoliert und gefoltert.

Ich habe keine Ahnung, wer irgendwann angefangen hat, dass man sich besser in die Gesellschaft integriert, wenn man von Reizen getrennt wird – das ist die pädagogische Tünche über dem Menschenzerbrechen, dass man durch Isolation erreicht. Schon diese Isolation ist Folter. Die Reizüberflutung, von der immer wieder gesprochen wird, ist für mich eh nicht nachvollziehbar, und vor allem, kein Kind, kein Jugendlicher, würde, mit einem gesunden Selbstvertrauen ausgestattet, sich in irgendwelchen Reizen verlieren.

Es wird im Umgang mit schwierigen Jugendlichen immer wieder davon gesprochen, dass sie Struktur bräuchten, Regeln und eine reizarme Umgebung. Wie so oft, wenn etwas sehr bedenklich ist, ist hier an dieser Idee ein nicht von der Hand zu weisender Kern. Ja, eine Veränderung der Umgebung ist nicht falsch, ja, eine Konzentration auf etwas ist gut. Ja, es braucht vermutlich auch sinnvoll durchdachte Strukturen, die aber bei weitem nicht bedeuten, dass man die jungen Menschen in unmenschliche Regelkorsette klemmt.

Ich kann sogar verstehen, dass junge Menschen, die für sich selbst oder andere eine Gefahr sind, wirklich in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden. Auch wenn das eine Maßnahme ist, die wirklich nur im Notfall in Erwägung gezogen werden sollte.

Aber warum haben diese jungen Menschen denn diese Probleme? Ganz abgesehen davon, dass es ja schon mal eine Idee wäre, im Voraus ein bisschen an diesen Problemen zu tun, bevor es so weit kommt – wofür es aber ein besseres und besser ausgestattetes Bildungssystem bräuchte -, ganz davon abgesehen könnten man sich doch mal ernsthaft mit den Problemen dieser Menschen auseinandersetzen. Und zu 99 Prozent werden wir Menschen vorfinden, die nicht gewollt sind, denen durch Familie, Schule und Umfeld hauptsächlich gezeigt wurde, dass sie nichts wert sind. Kurz: Hier sind Egos, die zerstört wurden. Wenn wir als Gesellschaft irgendwas Sinnvolles tun wollten, würden wir versuchen, diese Egos wieder zusammenzupuzzlen. Dafür sorgen, dass es Erfolgserlebnisse gibt. Dafür sorgen, dass diese gequälten Menschen wieder ein bisschen Vertrauen fassen. Das wäre eine Pädagogik, die etwas Gutes bewirken würde.

Stattdessen werden alle menschlichen Regungen in diesen jungen Menschen abgetötet, werden sie fixiert, ruhig gestellt – ja, haben nur bei den Bestrafungen Chance auf Körperkontakt, was viele dazu bringen wird, genau diese Bestrafungen trotz allem anzustreben. Das ist ein so verkommenes System. Haben wir das wirklich nötig? Menschen auszusondern und sie in Folteranstalten zu schicken, weil wir so nicht mehr mit ihnen fertig werden?

Aber mal abgesehen davon, dass alles, was in dem Artikel der taz beschrieben wird, pädagogische Verbrechen sind. Könnte mir wer erklären, wie man auf die hirnverbrannte Idee kommt, die Unterbringung von jungen Menschen an einen privaten Anbieter, der damit Geld verdienen will, zu vergeben? Da könnte man ja eigentlich auch selbst drauf kommen, dass das in einem Debakel enden muss, schließlich werden da Menschen zu Verfügungsmasse.

Diese Jugendheime müssen geschlossen werden, alle Regelungen, die in diese Richtung gehen, auch in allen anderen Heimen verboten werden. Auch junge Menschen sind Menschen mit Grundrechten, die hier mit Füßen getreten werden. Isolationsfolter darf kein Mittel gegen aufsässige Kinder sein. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Menschen so behandelt werden.

PS Der ThoroughT und ich hatten da auch schon drüber gepodcastet.